6. Juli 2016

Eymann kritisiert Berset: "Verhältnismässigkeit für Bundesregelung nicht gegeben"

Der Präsident der EDK hat den Entscheiddes Bundesrates, eine Vernehmlassung zum Sprachengesetz zu eröffnen, zur Kenntnis genommen. Die Frage der Harmonisierung des Sprachenunterrichts muss im Lichte der gesamten Harmonisierung der obligatorischen Schule beurteilt werden. 
Eröffnung der Vernehmlassung zum Sprachengesetz des Bundes: Der Präsident der EDK zum Entscheid des Bundesrates, Medienmitteilung EDK, 6.7.

Der Bundesrat hat heute die Vernehmlassung zu Artikel 15 des Sprachengesetzes eröffnet, der den Unterricht in den Landessprachen betrifft.

Der Präsident der EDK, Regierungsrat Christoph Eymann (BS), teilt die Ansicht des Bundesrates, dass dem Unterricht der Landessprachen in der Schweiz eine besondere Bedeutung zukommt. Als offiziell viersprachiges Land kennt die Schweiz ein anspruchsvolles, aber ihrer besonderen Sprachensituation angepasstes Sprachenkonzept für die obligatorische Schule. Die EDK-Sprachenstrategie von 2004 bildet die Grundlage für eine harmonisierte Lösung für den Sprachenunterricht im Sinne der Bundesverfassung (Art. 62 Abs. 4). Sie umfasst das Erlernen von zwei Fremdsprachen ab der Primarstufe und wird aktuell in 23 Kantonen umgesetzt (der Kanton AG setzt sie teilweise um, die Kantone AI, UR nicht). Die EDK hat 2015, neun Jahre nach der Volksabstimmung über die Bildungsverfassung, eine positive Bilanz der Harmonisierung gezogen: Die Harmonisierung der Ziele der Bildungsstufen und der Strukturen der obligatorischen Schule ist schon weit fortgeschritten und geht in die vereinbarte Richtung weiter.

Die EDK hat mit ihrem Antwortschreiben vom 23. Juni 2016 an Bundesrat Alain Berset zum Vorgehen hinsichtlich der Harmonisierung des Fremdsprachenunterrichts während der obligatorischen Schulzeit Stellung genommen. Sie hat dabei in Erinnerung gerufen, dass die Kantone ihre Zuständigkeit für die obligatorische Schule mit Umsicht und grosser Sorgfalt wahrnehmen. Die Kantone haben auch gezeigt, dass sie willens und in der Lage sind, den Harmonisierungsauftrag der Bundesverfassung zu erfüllen und dabei auch den Sprachenunterricht in harmonisierter Weise zu regeln. Alle Kantone sind ausnahmslos bestrebt, im Unterricht der Landessprachen eine hohe Qualität zu erreichen, und setzen ihre grossen Investitionen in dieser Richtung fort. Die EDK hat ihrer Überzeugung Ausdruck gegeben, dass die Harmonisierungen im Bildungssystem auf dem Weg der interkantonalen Koordination anzustreben sind. Sie hat darauf hingewiesen, dass dieser Weg Geduld und gegenseitige Rücksichtnahme erfordert, und sie hat für Sachlichkeit und Gelassenheit in den laufenden Diskussionen plädiert.

Präsident Eymann gibt zu bedenken, dass eine Bundesintervention in der Sprachenfrage auch erhebliche Risiken birgt, namentlich könnte eine diesbezügliche Volksabstimmung zu einer nationalen Zerreissprobe werden: "Die Vorlage zeigt allerdings, dass sich der Bundesrat der Tatsache bewusst ist, dass die Frage des Sprachenunterrichts in der Schweiz heikel und von verschiedenen Dimensionen geprägt ist. Der Bundesrat bringt zum Ausdruck, dass er in dieser Frage sorgfältig vorgehen will." 

Der Präsident ist aber der Ansicht, dass die Verhältnismässigkeit für eine Bundesregelung nicht gegeben ist: "Eine erstmalige Anwendung der subsidiären Bundeskompetenz gemäss Art. 62 Abs. 4 der Bundesverfassung muss im Lichte der gesamten Harmonisierung erwogen werden. Die EDK hat vor einem Jahr Bilanz gezogen und dabei festgestellt, dass diese Harmonisierung bereits sehr weit fortgeschritten ist. Die Verhältnismässigkeit des Eingriffs scheint mir vor diesem Hintergrund nicht gegeben."

Hintergrund:
Die Kantone sind gemäss Bundesverfassung (Art. 62 Abs. 4) zur Harmonisierung wichtiger Eckwerte der obligatorischen Schule verpflichtet. Es sind dies das Schuleintrittsalter und die Schulpflicht, die Dauer und Ziele der Bildungsstufen sowie die Übergänge von einer Bildungsstufe zur nächsten. Finden sie auf dem Koordinationsweg keine Lösung, dann kann der Bund eine Regelung treffen. 

Die EDK hat 2015, neun Jahre nach der Volksabstimmung über die Bildungsverfassung, eine positive Bilanz gezogen: Die Harmonisierung der obligatorischen Schule ist schon weit fortgeschritten und geht in die vereinbarte Richtung weiter. Die Westschweiz hat die Harmonisierung geschlossen umgesetzt und sie mit dem Abschluss einer regionalen Vereinbarung auch noch auf andere Bereiche ausgeweitet. Mit Beschluss vom 18. Juni 2015 hat die EDK die Kantone eingeladen, die Harmonisierung der obligatorischen Schule weiter zu beachten und sich – wo noch erforderlich – ihr anzuschliessen. Sie hat festgestellt, dass keine Bundesvorschriften gestützt auf die subsidiäre Bundeszuständigkeit gemäss Artikel 62 Absatz 4 BV erforderlich ist. Die EDK wird im Jahr 2019 gestützt auf den nationalen Bildungsbericht 2018 eine nächste Bilanz ziehen. 

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