29. Januar 2014

"LIFT" startet im Laufental

Das Projekt "LIFT" hat sich zum Ziel gesetzt, die Chancen von schwachen Schülern auf dem Lehrstellenmarkt zu erhöhen. Durch wöchentliche Arbeit in lokalen Betrieben erhalten die Jugendlichen Einblick in die Arbeitswelt. Sie opfern dabei Freizeit und müssen Durchhaltewillen beweisen. Als Gegenleistung erhalten die Schüler ein Arbeitszeugnis, das auf dem Lehrstellenmarkt mehr wert ist, als Noten, bei denen niemand weiss, was dahintersteckt.
Mit dem "Lift" zum Traumjob, Basler Zeitung, 29.1. von Dina Sambar


Xenia ist 13 Jahre alt. In letzter Zeit hat sie die Schule «angeschissen». «Ich wusste nicht, was ich dort soll, ich wollte wie meine Geschwister arbeiten gehen.» Die mangelnde Motivation machte sich auch bei den Schulnoten bemerkbar.
Seit Kurzem hat sich Xenias Einstellung jedoch radikal verändert: «Ich bin motiviert – sehr sogar.» Der Grund für den Wandel ist, dass die Schülerin jede Woche zwei bis vier Stunden in ihrer Freizeit arbeitet. Diese Arbeit hat ihr indirekt Klassenlehrer Bernhard Guntern verschafft. Er und drei weitere Lehrpersonen haben das Förderprojekt «Lift» im Laufental eingeführt.
Bei «Lift» geht es darum, Jugendlichen mit schulischen oder sozialen Schwierigkeiten beim Einstieg ins Berufsleben zu helfen. «Wir stellen fest, dass die Kluft zwischen den Schülern und der Arbeitswelt immer grösser wird», sagt Bernhard Guntern, der auch Berufswegbegleiter der Sekundarschule Laufen ist. Früher habe man beim Vater oder den Grosseltern mitgeholfen und eine Vorstellung davon erhalten, was Arbeit bedeute: «Heute leben die Kinder stark in einer abstrakten Welt und können zu wenig Erfahrungen sammeln.»
Gute Arbeitszeugnisse helfen
Kernelement des Förderprojekts ist die wöchentliche Arbeit in lokalen Betrieben. Bernhard Guntern ist begeistert von «Lift»: «Das ist genau das, was wir brauchen.» Er macht ein Beispiel: «Mein Schüler Matthias ist jetzt für drei Monate bei einer Bäckerei. Danach folgen beispielsweise weitere dreimonatige Einsätze als Polymechaniker und bei einer Autogarage.» Die Schüler würden so viele verschiedene Arbeitsbereiche gut kennenlernen. Wichtig findet der Sekundarlehrer auch, dass die Teenager dafür ihre Freizeit opfern und Konstanz beweisen müssen: «Sie zeigen so, dass sie motiviert sind.» Zudem können die Arbeitszeugnisse später den Lehrstellen-Bewerbungen beigelegt werden. «Gute Arbeitszeugnisse wirken sicher besser als Noten, bei denen man nicht genau weiss, was dahintersteht.»
Zusätzlich finden begleitende Module statt: «Dort wird beispielsweise gelernt, welche Umgangsformen gelten. Dass man jemandem, den man siezt, nicht ciao und tschüss sagen kann», sagt Guntern. Einen richtig harten Problemfall würde er jedoch nicht in das Projekt aufnehmen: «Sonst würden die Betriebe bald nicht mehr mitmachen.» Es sei ohnehin nicht ganz einfach gewesen, lokale Unternehmen als Wochenarbeitsplätze zu gewinnen, so der Sekundarlehrer: «Für die Betriebe bedeutet es vor allem Aufwand. Der Betreuungsaufwand ist vor allem am Anfang intensiv. Jene 19 Betriebe, die nun mitmachen, tun dies aus einem sozialen Verantwortungsgefühl heraus.»
Einer dieser Unternehmer ist Roland Niederberger von der gleichnamigen Bäckerei in Laufen. Er macht mit, weil er es «eine gute Sache» findet, wenn Schüler einen Blick in die Arbeitswelt werfen können. «In der Schule sagen einem die Lehrer, wann die Rechenaufgaben gelöst werden müssen oder wann Pause ist. Bei uns ist Selbstständigkeit gefragt.» Mit seinem zugeteilten Schüler Matthias ist Niederberger sehr zufrieden: «Er war pünktlich, freundlich und hatte ein gutes Auftreten. Das ist nicht selbstverständlich.»

Hoffen auf besseren Job
Auch der 14-jährige Matthias ist begeistert. Das, obwohl er um halb drei aufstehen musste, um rechtzeitig um viertel vor vier auf der Matte zu stehen. «Es hat richtig Spass gemacht. Ich durfte Gipfeli anstreichen.» Er hofft, dass er dank «Lift» später einen besseren Job erhält – Bäcker könnte er sich sehr gut vorstellen. Auch Xenia, die eigentlich Schreinerin oder Eishockey-Spielerin werden möchte, findet ihren Job beim Stedtlicoiffeur in Laufen toll. Detailliert beschreibt sie, wie man einem Kunden korrekt die Haare wäscht. «Ich durfte es an einer Angestellten ausprobieren.» Dass sie bei ihren wöchentlichen Arbeitseinsätzen fünf Franken verdient, findet sie gut. Ihre Hauptmotivation sei es aber, einen guten Beruf zu finden.
«Wir können aus Erfahrung sagen, dass dank «Lift» wesentlich mehr schwache Schüler in den Arbeitsmarkt integriert werden können», sagt Projektleiterin Gabriela Walser. Eine Schule in Zürich habe die Berufseinstiegsquote schwacher Schüler sogar verdoppeln können. Laut einer eigenen Evaluation haben 86 Prozent der Schüler eines früheren «Lift»-Jahrgangs erfolgreich eine Berufsausbildung abgeschlossen.


1 Kommentar:

  1. Hallo Herr Kalberer, vielen Dank fuer Ihren Blog, gute und sehr konstruktive Gedanken
    und Ueberlegungen zum Thema Schuelerförderung und Berufswahl. Werde weiter Ausschau halten nach dem Lift.

    Gruss, Herr Reitli von comparendo.ch

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