Die Lehrpläne müssten homogener, die Anforderungen
vergleichbarer, die Prüfungen gerechter werden. Das fordert der
Bildungswissenschafter Peter Bonati in einer neuen Publikation. Er hat die
Gymnasien und ihre Lehrpläne eingehend untersucht und die Situation an 144 der
149 anerkannten Schweizer Gymnasien, die sich an der Studie beteiligt haben,
ausgewertet. Damit bringt er Licht in ein schwarzes Loch der Schweizer
Bildungslandschaft. So ausgiebig die Politik und teilweise das Stimmvolk über
den Lehrplan 21 für die Volksschule debattiert und gestritten haben, so
unbekannt, kaum erforscht und wenig diskutiert waren bisher die Lehrpläne der
Gymnasien.
Durcheinander an den Gymnasien, NZZ, 2.10.
Bonatis Studie lässt keinen Zweifel daran, dass die Grundlagen der
gymnasialen Ausbildung dringend reformiert werden müssen. Zwar hält er
anerkennend fest, dass die Gymnasien «in der Regel Gutes im Verborgenen tun».
Im Grunde genommen aber sind sie ein buntes, kaum reguliertes Durcheinander,
das der Lehrerschaft (zu) viele Freiheiten lässt und vor allem, so Peter
Bonati, «zu grossen Ungerechtigkeiten unter der Schülerschaft» führt, weil die
Maturitätsanforderungen sehr unterschiedlich gestaltet sind: «Die Unterschiede
sind nicht nur von Kanton zu Kanton und von Schule zu Schule gross, sondern
auch zwischen den einzelnen Fächern.» Die Gymnasien seien zu Schulen mit
unklarem Profil geworden, die ihre wohl wichtigste Funktion nur bedingt
erfüllten: den prüfungsfreien Zugang zum universitären Studium.
Der tiefere Grund für diese Heterogenität liegt im Bildungsföderalismus
der Schweiz. Um die Bildungshoheit der Kantone komme man nicht herum, sagt
Bonati, dennoch sei die Zeit reif, auch auf Maturitätsstufe zu homogeneren
Lehrplänen zu kommen. Seine Studie zeigt auf, dass die Lehrplan-Unterschiede
umso grösser sind, je mehr die Kantone den einzelnen Gymnasien die Federführung
bei deren Erarbeitung überlassen. Im Fokus seiner Verbesserungsvorschläge
stehen jedoch die beiden Referenzdokumente auf nationaler Ebene, die den
kantonalen Lehrplänen die Richtung vorgeben sollten: das
Maturitätsanerkennungsreglement und der Rahmenlehrplan. Diese stammen aus den
Jahren 1994 und 1995, sind zu vage und atmen den Geist einer Zeit, in der
vergleichbare Anforderungen noch kein Thema waren.
Grundsätzlich spricht sich Bonati jedoch gegen eine Vereinheitlichung
der Gymnasien aus. Er plädiert für eine «mittlere Regelungsdichte», die den
Lehrplänen die notwendige Offenheit lasse. In der Schule dürften Bonatis
Vorschläge jedoch nicht auf allzu viel Wohlwollen stossen, wie frühere
Stellungnahmen zeigten.
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