19. August 2016

Deutschförderung bei fremdsprachigen Familien

Seit zehn Jahren gibt es in der Schweiz das Leseförderprojekt «Schenk mir eine Geschichte» für fremdsprachige Familien, seit 2014 werden diese Kurse auch im Thurgau angeboten.

Das Projekt hilft beim Deutschlernen, Bild: pd
Muttersprache hilft bei Fremdsprachen, Thurgauer Zeitung, 15.8. von Barbara Hettich
Kindern Geschichten erzählen und damit die Freude an der eigenen Muttersprache entdecken – dies ist das Ziel des Leseförderprojekts «Schenk mir eine Geschichte – Family Literacy». Es wurde 2006 vom Schweizerischen Institut für Kinder- und Jugendmedien Sikjm gestartet und unterstützt Familien mit Migrationshintergrund, ihre Erstsprache zu pflegen.

Muttersprache hilft beim Lernen

Die Sprache ist eine Schlüsselqualifikation für gelungene Integration. Warum werden also mit einem Weiterbildungsprojekt fremdsprachige Eltern dazu angehalten, mit ihren Kindern in ihrer Muttersprache zu sprechen? Wären Deutschkurse nicht eher angebracht? «Wer seine Muttersprache perfekt beherrscht, hat weniger Mühe, eine Zweitsprache dazuzulernen. Mit einem Defizit im Sprachgebrauch wird das schwierig», erklärt Susanna Fink, Geschäftsführerin von Tageo, Thurgauische Arbeitsgemeinschaft für Elternorganisationen. 2014 hat Tageo die Kurse «Schenk mir eine Geschichte» in ihr Weiterbildungsprogramm aufgenommen. Das aktuelle Programm für das kommende Wintersemester ist gerade erschienen.

Motivierende Kursleiterinnen

Was im ersten halben Jahr etwas harzig angelaufen ist, habe sich zu einem beliebten Kursangebot entwickelt, sagt Susanna Fink. Mittlerweile bieten im Thurgau zehn geschulte Lese-Animatorinnen diese Kurse in türkisch, portugiesisch, serbokroatisch und deutsch-englisch an. «Wir haben sehr engagierte Kursleiterinnen, die wissen, über welche Kanäle sie ihre Landsleute erreichen und motivieren können.»
Im Kurs werden nicht nur Geschichten erzählt, es wird gesungen und gereimt, gezeichnet und gebastelt, Bibliotheken werden besucht oder auch Erziehungs- und Integrationsfragen erörtert. Heidi Fuchs, ehrenamtliche Mitarbeiterin bei Tageo, begleitet das Projekt, hospitiert die Kurse und mit Weiterbildungen der Animatorinnen wird die Qualitätssicherung garantiert.
Der Nutzen von «Schenk mir eine Geschichte» ist unbestritten, dies belegt auch eine Studie der Pädagogischen Hochschule Zürich, die das mittlerweile mehrfach ausgezeichnete Projekt begleitet hat: «Mit dem Angebot werden bei der Zielgruppe wichtige Veränderungen auf der Ebene der Sprach- und Literacy- Förderung erreicht.»

Finanzierung unsicher

Im Thurgau sind im Jahre 2015 mit «Schenk mir eine Geschichte» über 100 fremdsprachige Familien mit Kindern unter sechs Jahren erreicht worden – Tendenz steigend. Finanziert werden die Kurse noch bis 2017 über das Kantonale Integrations-Programm KIP. Die grosse Rätselfrage sei, wie das Projekt danach finanziert werden könnte, zeigt Susanna Fink die anstehenden Herausforderungen auf. Rund 10 000 Franken pro Jahr werden dafür benötigt. «Schön wäre natürlich, wenn beispielsweise die Gemeinden an diesem Projekt interessiert wären, so dass die Kurse weitergehen könnten.»


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