8. März 2015

Erleichterung in der Romandie und bei der EDK

Der Kanton Nidwalden spielt in der Sprachenfrage nicht den Winkelried und behält das Frühfranzösische in der Primarschule bei. Die Erleichterung in der Romandie und bei den Bildungsdirektoren ist gross.




Französisch bleibt in der Nidwaldner Primarschule, Bild: Christoph Ruckstuhl

Nidwalden wird nicht zum Sprachen-Winkelried, NZZ, 8.3. von Erich Aschwanden und Andrea Kucera


Mit einem so deutlichen Resultat hatte niemand gerechnet: Mit 61,72 Prozent Nein-Stimmen haben die Nidwaldnerinnen und Nidwaldner eine Initiative der SVP abgelehnt, die nur eine Fremdsprache in der Primarschule forderte und der faktisch das Frühfranzösisch zum Opfer gefallen wäre. Nur gerade die kleinste Gemeinde Emmetten befürwortete das Volksbegehren, das auch von der Regierung unterstützt wurde.
Kollektive Erleichterung
Eine Behauptung sei gewagt: Hätte der Kanton Nidwalden gewissermassen im stillen Kämmerlein in dieser Frage entscheiden können, wäre das Resultat nicht so deutlich ausgefallen. Doch insbesondere in der Romandie, aber auch im Tessin stiess der erste Volksentscheid auf riesiges Interesse, der am Fremdsprachenunterricht nach dem Modell 3/5 gerüttelt hätte.
Wie der Nidwaldner Bildungsdirektor Res Schmid (svp.) erklärt, hat der nationale Fokus auf den Kanton einen entscheidenden Einfluss ausgeübt. Die Heimat Winkelrieds habe in dieser Frage nicht den Winkelried spielen wollen, so Schmid.
Kollektive Erleichterung herrschte nach der Bekanntgabe des Abstimmungsresultates in der Westschweiz. Die jurassische Erziehungsdirektorin Elisabeth Baume-Schneider (sp.) sprach von einem grossartigen Resultat: «Für die französischsprachige Schweiz im Land ist das ein positives Signal: Die Minderheit wird respektiert.» Sie hofft, dass das Verdikt auch anderen Kantonen zu denken geben werde, die das Frühfranzösisch abschaffen möchten.
«Nach heute sollten wir endlich aufhören, von einem Sprachenstreit zu sprechen. Das Resultat aus Nidwalden zeigt, dass es in der Schweiz keinen Sprachenstreit gibt», ist der Waadtländer FDP-Nationalrat Fati Derder überzeugt. Er hofft, dass die Botschaft aus Nidwalden zur Beruhigung der Gemüter beiträgt. Didier Berberat, Neuenburger SP-Ständerat und Präsident der Vereinigung für die Verteidigung des Französischen, erwartet, dass nun eine föderalistische Lösung zustande kommt, dass sich also die Kantone einig werden. Die Möglichkeiten für Austausche unter den Landesteilen müssten unbedingt ausgebaut werden.
Hoffnung auf Ruhe
Sehr erfreut über das klare Nein zur Fremdsprachen-Initiative zeigte sich der Präsident der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK), der Basler Bildungsdirektor Christoph Eymann. Der EDK-Vorstand sei erleichtert, dass die Stimmberechtigten des Kantons Nidwalden ein Bekenntnis zur Mehrsprachigkeit des Landes abgegeben hätten. «Die Bewohner des kleinen Zentralschweizer Kantons haben über den kantonalen Tellerrand hinaus geblickt und eine gute Entscheidung getroffen», erklärte Eymann. Beim Bundesamt für Kultur (BAK) nimmt man die Ablehnung der Fremdsprachen-Initiative zur Kenntnis, wie Sprecherin Anne Weibel auf Anfrage sagte. Sie will den Entscheid inhaltlich nicht kommentieren. Das BAK veröffentlichte Ende Februar einen Bericht , in dem es festhielt, im Streit um den Fremdsprachenunterricht könne der Bund den Kantonen nötigenfalls vorschreiben, die Kinder bereits in der Primarschule in einer zweiten Landessprache zu unterrichten.

Am vergangenen Montag hatte Bundesrat Alain Berset in der Antwort auf eine Interpellation von Ständerat Urs Schwaller (Freiburg, cvp.) bekräftigt, dass der Bund die Bilanz der kantonalen Erziehungsdirektoren zum Fremdsprachenunterricht abwarten will, der im Juni entscheiden soll. Erst dann wolle der Bundesrat über das weitere Vorgehen und ein allfälliges Eingreifen entscheiden. Das überraschend eindeutige Ja der Nidwaldner dürfte das Warten auf diesen Bericht wesentlich leichter machen. Auch EDK-Präsident Eymann hofft, dass auf eidgenössischer Ebene Ruhe bis zum Sommer einkehre.

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