6. Juli 2011

Schulevaluation hat einen Vorteil

In einem deutlichen Leserbrief zum Artikel von Sabine Windlin (siehe früherer Post) bringt Werner Guntli seine eigenen Erfahrungen mit Schulevaluationen aufs Papier. Er sieht jedoch auch einen Vorteil im ganzen Evaluations-Prozedere - den verrate ich Ihnen jedoch nicht :-) lesen Sie selbst. 

Besten Dank für den Artikel von Sabine Windlin über die externe Schulevaluation (NZZ 27. 6. 11). Sie vermeidet dabei ja ein allzu hartes Urteil über diese Geldvernichtungsmaschine der Bildungsbürokratie, aber zwischen den Zeilen wird - mitunter auch durch augenzwinkernd ironische Wortwahl - deutlich, dass hier wieder einmal ein Berg eine Maus gebiert. Ich möchte gerne noch etwas deutlicher werden: Das ist nun wirklich das Dümmste, was sich die Bildungstheoretiker ausgedacht haben. Noch vom unbedarftesten Visitator (Bezirksschulpfleger) profitierte ich mehr als von diesen Teams, bestehend aus humorlosen, grauen, unnahbaren Ex-Lehrkräften. Wenn ich daran zurückdenke, dass ich bei der ersten «Übung» dieser Art als Hausvorstand an meiner ehemaligen Schule von Amtes wegen noch gute Miene zum nutzlosen Spiel machen musste, packt mich immer noch das Entsetzen bzw. die Scham. Bei der zweiten, vier Jahre später, hatte das Evaluationsteam bereits etwas dazugelernt: Der Bericht wurde uns präsentiert, ohne dass das Lehrerkollegium sich dazu äussern durfte. Während etwa zweier Stunden wurden uns per Folienpräsentation Worthülsen um die Ohren geschlagen.
Nennen wir doch den fast einzigen positiven Punkt der Sache beim Namen: In den Evaluationsteams finden einige Lehrkräfte Unterschlupf, denen der Schuldienst an der Front verleidet oder zu viel geworden ist. Sie kriegen dort noch ihr Gnadenbrot. Um nicht falsch verstanden zu werden: Es ist keinesfalls ehrenrührig, von der Schule genug zu haben, ein Burnout vermeiden zu wollen. Aber in diesem Punkt wären die Bildungsdirektionen echt gefordert. Was tun sie für die Lehrkräfte, die, im Schuldienst stehend, nicht so locker und problemlos das Pensionsalter erreichen? Mit den Unsummen, die für die unnötige Schulevaluation verpulvert werden, könnte man einiges bewirken.
Werner Guntli, NZZ, 4.7.

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