Nur
allzu oft stellt sich der Traumberuf Lehrer als Albtraum heraus. Jede dritte Lehrperson
der Schweizer Volksschulen läuft Gefahr, ein Burnout zu erleiden. Dies hat vor
wenigen Jahren eine breit angelegte Nationalfondsstudie ergeben. Oftmals
steigen Junglehrerinnen und -lehrer innert der ersten beiden Berufsjahre wieder
aus. Andere wiederum schaffen es gar nicht erst bis zum Lehrerdiplom und geben
schon im Studium auf. Das kostet. Laut Bundesamt für Statistik kommt die
Ausbildung eines Primarlehrers den Staat im Schnitt auf 85 400 Franken zu
stehen; auf der Sekundarstufe I sind es 134 700 Franken und auf der
Sekundarstufe II sogar 168 200 Franken.
Lehrer werden wird schwerer, Basellandschaftliche Zeitung, 31.7. von Bojan Stula
Um zumindest all jene Kandidaten
frühzeitig auszusieben, die entweder durch falsche Berufsvorstellungen zur
Lehrerausbildung verführt worden sind oder die dafür notwendigen
Grundeigenschaften nicht mitbringen, geht die Fachhochschule Nordwestschweiz
(FHNW) neue Wege: Ab diesem Herbst müssen Lehramt-Studierende ein eintägiges
AssessmentVerfahren bestehen, um die Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule
(PH) absolvieren zu dürfen. Fällt ein Anwärter zweimal durch das Assessment,
muss er sich einen anderen Beruf suchen.
Selektion vor Studienbeginn
Bereits
vor einem Jahr hatte die Reinacher SVP-Landrätin Caroline Mall in einem
Vorstoss Eignungstests an der Pädagogischen Hochschule der FHNW gefordert, und
zwar noch vor dem Studienbeginn. Dies, um die «nicht zukunftsorientierte»
Entwicklung der vielen Studienabbrecher und Berufsaussteiger im Schulbetrieb zu
stoppen. Nun schafft die Fachhochschule ihrerseits Fakten. In Gruppen zu
maximal acht Personen werden die Teilnehmenden einen Tag lag auf Herz und
Nieren getestet und von einer Jury beurteilt.
Laut eines kürzlich publizierten
Berichts der Baselbieter Regierung werden ihnen dabei Aufgaben mit Bezug zum
Lehrerberuf gestellt, die unter anderem Aufschluss über die «Problemlö-
sungsfähigkeit», die «Flexibilität» und die «Fähigkeit zum Perspektivenwechsel»
geben sollen. Das Assessment-Verfahren löst dabei die bisherige Praxis der
Eignungsabklärungen im Verlauf von Praktika während des ersten Studienjahres
ab, was Kritiker wie Mall als zu späten Zeitpunkt abtun. Zwar kann auch das
neue Assessment erst im Verlaufe des ersten Studiensemesters absolviert werden,
doch bildet dessen erfolgreiches Bestehen in jedem Fall die Zulassungsbedingung
für den Eintritt ins erste Praktikum.
Geht es nach der Baselbieter Regierung
sowie der vorberatenden Bildungskommission des Landrats wäre es zumindest
wünschbar, dass alle Interessenten ihr Assessment noch vor ihrem Studienantritt
absolvieren. Doch dürfte dies alleine schon aus logistischen Gründen ein
frommer Wunsch bleiben.
Erfolgreich bei Quereinsteigern
Ganz neu ist die Idee
eines Assessments, wie die heutigen Stelleneignungstests in der Wirtschaft
genannt werden, auch für die PH der FHNW nicht. Gemäss Angaben von PH-Verantwortlichen
hat man in den vergangenen Jahren mit demselben Verfahren bereits gute
Erfahrungen bei der Beurteilung von Quereinsteigern in den Lehrerberuf gemacht:
«Das Verfahren stiess auf breite Akzeptanz, da damit für alle transparente
Bedingungen gelten und die Entscheidungen gut abgestützt und nachvollziehbar
sind», heisst es im entsprechenden Bericht. Für einzelne Mitglieder der
Baselbieter Bildungskommission könnten die Assessments sogar zum
«vermarktbaren» Alleinstellungsmerkmal und «Qualitätssiegel» für die gute
Lehrerausbildung an der FHNW avancieren. Deren Einführung soll kostenneutral
erfolgen, da gleichzeitig die bisherigen Praktikumsabklärungen wegfallen.
Vertreter des Lehrerinnen- und Lehrervereins Baselland (LVB) stehen der
Neuerung grundsätzlich wohlwollend gegenüber. LVB-Präsident Roger von Wartburg
hält allerdings für eine erfolgreiche Umsetzung entscheidend, dass die
«Aufgabenstellungen wirklich realistisch sind, also im Schulalltag auch
tatsächlich so auftauchen könnten». Wegen des neuen Verfahrens werde man zuerst
die ersten Erfahrungen mit den Tests abwarten müssen, «um zu einer fundierten
Einschätzung kommen zu können». Wunder darf man sich davon freilich keine
erwarten: Auch für durchs Assessment Auserwählte wird es im Berufsalltag immer
wieder zu Situationen kommen, auf die Lehrpersonen durch kein Verfahren
vorbereitet werden können, warnen die Mitglieder der Baselbieter
Bildungskommission.
Geht es nach den vier Nordwestschweizer
AntwortenLöschenLehrer-Personalverbänden LVB, FFS,
LSO und ALV, sollen künftig auch neue
Schulleiter nach einem speziellen Assessmentverfahren
ausgesucht werden.
Roger von Wartburg, der Präsident
des Lehrerinnen- und Lehrervereins Baselland
(LVB) bestätigt, dass die vier Verbände
bei der Fachhochschule Nordwestschweiz
(FHNW) bereits ihr Anliegen
deponiert haben, ein entsprechendes
Verfahren zu entwickeln. Über die
tatsächliche Umsetzung könnten zu diesem
Zeitpunkt aber noch keine weiterführenden
Angaben gemacht werden.
Quelle: Basellandschaftliche Zeitung, 31.7.