1. August 2017

Neues Auswahlverfahren der PHNW

Nur allzu oft stellt sich der Traumberuf Lehrer als Albtraum heraus. Jede dritte Lehrperson der Schweizer Volksschulen läuft Gefahr, ein Burnout zu erleiden. Dies hat vor wenigen Jahren eine breit angelegte Nationalfondsstudie ergeben. Oftmals steigen Junglehrerinnen und -lehrer innert der ersten beiden Berufsjahre wieder aus. Andere wiederum schaffen es gar nicht erst bis zum Lehrerdiplom und geben schon im Studium auf. Das kostet. Laut Bundesamt für Statistik kommt die Ausbildung eines Primarlehrers den Staat im Schnitt auf 85 400 Franken zu stehen; auf der Sekundarstufe I sind es 134 700 Franken und auf der Sekundarstufe II sogar 168 200 Franken. 
Lehrer werden wird schwerer, Basellandschaftliche Zeitung, 31.7. von Bojan Stula


Um zumindest all jene Kandidaten frühzeitig auszusieben, die entweder durch falsche Berufsvorstellungen zur Lehrerausbildung verführt worden sind oder die dafür notwendigen Grundeigenschaften nicht mitbringen, geht die Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) neue Wege: Ab diesem Herbst müssen Lehramt-Studierende ein eintägiges AssessmentVerfahren bestehen, um die Ausbildung an der Pädagogischen Hochschule (PH) absolvieren zu dürfen. Fällt ein Anwärter zweimal durch das Assessment, muss er sich einen anderen Beruf suchen. 

Selektion vor Studienbeginn 
Bereits vor einem Jahr hatte die Reinacher SVP-Landrätin Caroline Mall in einem Vorstoss Eignungstests an der Pädagogischen Hochschule der FHNW gefordert, und zwar noch vor dem Studienbeginn. Dies, um die «nicht zukunftsorientierte» Entwicklung der vielen Studienabbrecher und Berufsaussteiger im Schulbetrieb zu stoppen. Nun schafft die Fachhochschule ihrerseits Fakten. In Gruppen zu maximal acht Personen werden die Teilnehmenden einen Tag lag auf Herz und Nieren getestet und von einer Jury beurteilt.

Laut eines kürzlich publizierten Berichts der Baselbieter Regierung werden ihnen dabei Aufgaben mit Bezug zum Lehrerberuf gestellt, die unter anderem Aufschluss über die «Problemlö- sungsfähigkeit», die «Flexibilität» und die «Fähigkeit zum Perspektivenwechsel» geben sollen. Das Assessment-Verfahren löst dabei die bisherige Praxis der Eignungsabklärungen im Verlauf von Praktika während des ersten Studienjahres ab, was Kritiker wie Mall als zu späten Zeitpunkt abtun. Zwar kann auch das neue Assessment erst im Verlaufe des ersten Studiensemesters absolviert werden, doch bildet dessen erfolgreiches Bestehen in jedem Fall die Zulassungsbedingung für den Eintritt ins erste Praktikum. 

Geht es nach der Baselbieter Regierung sowie der vorberatenden Bildungskommission des Landrats wäre es zumindest wünschbar, dass alle Interessenten ihr Assessment noch vor ihrem Studienantritt absolvieren. Doch dürfte dies alleine schon aus logistischen Gründen ein frommer Wunsch bleiben. 

Erfolgreich bei Quereinsteigern 
Ganz neu ist die Idee eines Assessments, wie die heutigen Stelleneignungstests in der Wirtschaft genannt werden, auch für die PH der FHNW nicht. Gemäss Angaben von PH-Verantwortlichen hat man in den vergangenen Jahren mit demselben Verfahren bereits gute Erfahrungen bei der Beurteilung von Quereinsteigern in den Lehrerberuf gemacht: «Das Verfahren stiess auf breite Akzeptanz, da damit für alle transparente Bedingungen gelten und die Entscheidungen gut abgestützt und nachvollziehbar sind», heisst es im entsprechenden Bericht. Für einzelne Mitglieder der Baselbieter Bildungskommission könnten die Assessments sogar zum «vermarktbaren» Alleinstellungsmerkmal und «Qualitätssiegel» für die gute Lehrerausbildung an der FHNW avancieren. Deren Einführung soll kostenneutral erfolgen, da gleichzeitig die bisherigen Praktikumsabklärungen wegfallen. 

Vertreter des Lehrerinnen- und Lehrervereins Baselland (LVB) stehen der Neuerung grundsätzlich wohlwollend gegenüber. LVB-Präsident Roger von Wartburg hält allerdings für eine erfolgreiche Umsetzung entscheidend, dass die «Aufgabenstellungen wirklich realistisch sind, also im Schulalltag auch tatsächlich so auftauchen könnten». Wegen des neuen Verfahrens werde man zuerst die ersten Erfahrungen mit den Tests abwarten müssen, «um zu einer fundierten Einschätzung kommen zu können». Wunder darf man sich davon freilich keine erwarten: Auch für durchs Assessment Auserwählte wird es im Berufsalltag immer wieder zu Situationen kommen, auf die Lehrpersonen durch kein Verfahren vorbereitet werden können, warnen die Mitglieder der Baselbieter Bildungskommission.

1 Kommentar:

  1. Geht es nach den vier Nordwestschweizer
    Lehrer-Personalverbänden LVB, FFS,
    LSO und ALV, sollen künftig auch neue
    Schulleiter nach einem speziellen Assessmentverfahren
    ausgesucht werden.
    Roger von Wartburg, der Präsident
    des Lehrerinnen- und Lehrervereins Baselland
    (LVB) bestätigt, dass die vier Verbände
    bei der Fachhochschule Nordwestschweiz
    (FHNW) bereits ihr Anliegen
    deponiert haben, ein entsprechendes
    Verfahren zu entwickeln. Über die
    tatsächliche Umsetzung könnten zu diesem
    Zeitpunkt aber noch keine weiterführenden
    Angaben gemacht werden.
    Quelle: Basellandschaftliche Zeitung, 31.7.

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