13. Mai 2016

Änderung der Notenregelung braucht keine Gesetzesänderung

Generationen von St. Galler Schülern wissen es: Ein Sechser ist die beste und ein Einer ist die schlechteste Note. Geht es nach dem St. Galler Erziehungsrat, sollen nundie Noten Eins und Zwei abgeschafft werden. Zur Zeit läuft ein Konsultationsverfahren unter Lehrern, Schulleitern und Bildungsexperten.
St. Galler Erziehungsrat will Noten Eins und Zwei abschaffen, Judith Barben, 13.5.

Ein Nagel – ja, so sagte man der schlechtesten Note, dem Einer. Der Einer und auch die Note Zwei sollen jetzt von den Prüfungen und Zeugnissen verschwinden, zumindest wenn es nach den Plänen des St. Galler Erziehungsrates geht. Bildungsexperten sind skeptisch, ob mit der Abschaffung des «Nagels» nicht das Ziel verfehlt wird.

Manchmal braucht es einen Schuss vor den Bug. Es gibt Schüler, denen sind die Schule und die Noten egal, und um sie zu motivieren, greifen die Lehrer gerne zu einem drastischen Mittel: einem Einer für eine unterirdisch schlechte Leistung.

Der Oberstufenlehrer Hansjörg Bauer von Goldach ist Co-Präsident des kantonalen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes. Der Verband hat sich zu den Plänen des Erziehungsrates nicht geäussert. Doch für Hansjörg Bauer wäre die Abschaffung des Einers und des Zweiers ein Verlust:

«Eine schlechte Noten kann schlichtweg motivierend sein. Das erlebe ich – ehrlich gesagt – auch im Schulalltag. Dass ein Schüler, eine Schülerin klar vor Augen gesetzt bekommt: meine Vorbereitung auf diese Prüfung war sehr mangelhaft und jetzt habe ich die Quittung dafür bekommen.»

Barbara Wiederkehr ist stellvertretende Leiterin des Amtes für Volksschule. Sie gibt zu: Quittungen könnten Lehrer nicht mehr verteilen:

«Wir wissen aber auch, dass wenn ich das hintereinander nutze, dass wenn ich einem Kind nicht nur einmal einen Zweier gegeben habe, sondern ihm im Prinzip jedes Mal einen Zweier gebe, dass es diesen Effekt auch nicht mehr hat und dass natürlich die Demotivation ebenso stark sein kann wie die Motivation sein könnte.»


Die Haltung des Erziehungsrates ist darum klar: Es mache keinen Sinn, eine ungenügende Leistung weiter zu differenzieren. Entweder seien die Lernziele erreicht oder nicht und dafür reiche die Note 3. Noch ist die Abschaffung nicht beschlossen. Ab letzter Woche läuft ein Konsultationsverfahren. Noch bis in den Sommer dürfen sich Lehrer, Schulleiter und Bildungsexperten dazu äussern. Dann kann der St. Galler Erziehungsrat entscheiden, ob diese beiden Noten abgeschafft werden. Eine Änderung des Volksschulgesetzes wäre dafür nicht nötig.

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