13. Februar 2015

Wie teuer darf ein Mittagessen sein?

Sind 6 Franken für ein Mittagessen an einer Zürcher Tagesschule viel? SP, Grüne und AL finden Ja und provozieren damit den Widerstand der Bürgerlichen gegen das ganze Pilotprojekt.


FDP droht mit Ablehnung des Kredits für den Pilotversuch, Bild: Picture Alliance

FDP macht Schulessen zur Gretchenfrage, NZZ, 13.2. von Christina Neuhaus


Die SVP ist die einzige Partei, die grundsätzliche Vorbehalte gegen Tagesschulen hat. Alle anderen Parteien stehen hinter dem Versuch, der ab 2016 in sieben Zürcher Pilotschulen startet. Als der Stadtrat im vergangenen Herbst seine Ideen präsentierte, fielen die Reaktionen von AL bis FDP positiv aus. Nun ist dieser interparteiliche Burgfrieden allerdings bedroht. Ein ideologisch motivierter Streit um die Kosten der Mittagsbetreuung hat mit der FDP ausgerechnet eine Architektin des Modells in die Opposition getrieben.
Pragmatischer Tarifansatz
In der gemeinderätlichen Kommission, die sich mit dem 19-Millionen-Kredit befasste, entzündete sich der Streit am Beitrag von 6 Franken, die Eltern für ein Mittagessen an der Schule zahlen sollen. Zum Vergleich: Heute betragen die Vollkosten pro Tag und Kind 37 Franken. Für das Projekt Tagesschule rechnet das zuständige Schul- und Sportdepartement unter Stadtrat Gerold Lauber mit 25 Franken.
Das Modell eines Einheitstarifs wählte der Stadtrat, weil die Eltern der betroffenen Kinder wenn auch nicht gezwungen, so doch mit Nachdruck dazu angehalten werden, ihre Kinder an einigen Tagen pro Woche in der Schule essen zu lassen. Aus diesem Grund nahm man Abstand von einkommensabhängigen Tarifen, wie sie in den städtischen Horten üblich sind. Die Elternbeiträge reichen dort von 4 Franken 50 pro Tag bis zu 33 Franken. Im Vergleich nehmen sich die 6 Franken für ein Mittagessen an einer Tagesschule moderat aus. Nach Ansicht der linken Parteien sind 6 Franken für Familien mit tiefen Einkommen allerdings zu viel. Obwohl der Vorschlag des Stadtrats vorsieht, Betroffenen auf Gesuch hin die Kosten zu erlassen, beantragen SP, GP und AL eine grundsätzliche Regelung. Während die Grünen die Kosten für die Mittagessen zumindest während der ersten Phase des Pilotversuchs ganz streichen wollen, fordern SP und AL Staffeltarife. Wer nach allen Abzügen - und die sind in Zürich erklecklich - ein Einkommen bis zu einem massgebenden Betrag von 20 000 Franken erzielt, soll nichts für das Essen zahlen müssen. Für höhere Einkommen wird der vom Stadtrat vorgeschlagene Tarif von 6 Franken gefordert. Mit diesem Vorstoss verprellt Rot-Grün allerdings die Bürgerlichen. Neben der SVP droht nun auch die FDP, die zu den Architekten des nun geplanten Tagesschulmodells gehört, mit Ablehnung des Objektkredits und damit des Pilotversuchs.
Spareffekt reduziert

Wie der zuständige FDP-Gemeinderat Severin Pflüger am Donnerstag ausführte, will die Partei die Kosten für das Schulessen zur Gretchenfrage machen. Denn einer der Gründe, weshalb sich die Freisinnigen für Tagesschulen einsetzen, sind die hohen Kosten für die ausserfamiliäre Kinderbetreuung. Obschon mit einem flächendeckenden Angebot an Tagesschulen mehr Kinder verpflegt werden, ist das Modell auf lange Sicht um 15 Prozent günstiger als Horte. Die jährliche Ersparnis schätzt das Schul- und Sportdepartement auf 30 bis 40 Millionen Franken. Werden die Elternbeiträge an die Mittagessen allerdings gesenkt oder gar ganz gestrichen, reduziert sich der Spareffekt deutlich. Heute besuchen fast 60 Prozent der über 12 000 Kinder, die ausserfamiliär betreut werden, einen Mittagstisch. Angenommen, diese 7200 Kinder essen während der 39 Schulwochen an jeweils drei Tagen in der Schule, belaufen sich die Elternbeiträge bereits bei einem Tarif von 6 Franken auf über 5 Millionen Franken.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen