Für die einen ist er ein Jahrhundertwerk, für die anderen ein
untaugliches Machwerk übereifriger Fachleute: Der Lehrplan 21, der die
Bildungsziele in der Deutschschweiz harmonisieren soll. Die Gegner des knapp
500-seitigen Werks machen in mehreren Kantonen mobil. So haben sie in Baselland
und im Aargau Volksinitiativen lanciert, die ein Mitspracherecht des Souveräns
verlangen. Auch in Zürich wollen Lehrplan-Kritiker die Option einer
Volksabstimmung erzwingen. Ein Komitee unter der Federführung von Kantonsrätin
Anita Borer (svp., Uster) wird demnächst eine Volksinitiative mit dem Titel
«Zürcher Lehrplan vors Volk» zur Vorprüfung einreichen. Deren Ziel: Nicht der
Bildungsrat soll wie im Volksschulgesetz vorgesehen über die Einführung des
Lehrplans entscheiden, sondern der Kantonsrat. Und was das Parlament
beschliesst, soll referendumsfähig sein. «Wir möchten, dass die Mitsprache
erhöht wird», sagt Borer. Gerade die Vernehmlassung zum Lehrplan 21 habe
gezeigt, dass derart wichtige Projekte nicht im dunklen Kämmerchen beschlossen
werden dürften.
Lehrplan soll vors Volk, NZZ, 13.2.
Tatsächlich hat die Expertengruppe der Deutschschweizer Konferenz der
Erziehungsdirektoren jahrelang und unter grösster Geheimhaltung am Lehrplan
gefeilt. Bei der Präsentation sorgten insbesondere die Tausende Lernvorgaben
für Kritik, weshalb sich die Macher gezwungen sahen, den Katalog um rund 20
Prozent abzuspecken. Das aber reicht Borer und ihren Mitstreitern nicht: Ihrer
Meinung nach setzt das Werk viel zu detaillierte Vorgaben fest, womit die
Bildungshoheit der Kantone untergraben werde. Mit der ursprünglichen Idee der
Harmonisierung habe das wenig zu tun. Ob der Ruf nach Abstimmungen
mehrheitsfähig sein wird, ist allerdings fraglich. Der Kantonsrat hat eine
parlamentarische Initiative Borers mit denselben Forderungen Ende September
klar abgelehnt. Der Lehrplan, so der Tenor von SP bis FDP, dürfe nicht zum
politischen Spielball werden. Nur SVP- und einzelne EDU-Vertreter stimmten für
die Initiative. Im Komitee für die Volksinitiative sind nun aber nicht nur die
üblichen Verdächtigen vertreten: Neben Vertretern des Lehrerverbandes konnten
auch die Jungliberalen ins Boot geholt werden.
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