Die Luftqualität in Schweizer Schulzimmern ist schlecht. Die
Folgen: Konzentrationsprobleme, Grammatikfehler, Rechenschwäche und sogar
schlechtere Reaktionszeiten für richtige Antworten. Jetzt fordert das Bundesamt
für Gesundheit Massnahmen.
In zwei Dritteln aller Schweizer Klassenzimmern ist die Luft zu schlecht - mit Folgen, Watson, 4.3. von Anna Wanner
Kopfschmerzen, Müdigkeit und
fehlende Konzentration in der Schule kennen nun endlich eine Ursache: die
schlechte Luft. as undesamt für Gesundheit hat die Luft in 100 Schulzimmern
gemessen und festgestellt, dass die Qualität in zwei von drei Zimmern
ungenügend ist.
Die
Luftwerte überschritten während mehr als 10 Prozent der Schulzeit den
hygienisch akzeptablen Bereich. Die Schüler und Lehrer atmen also viel
schlechte Luft.
Wir geben 3000 Substanzen in die
Luft ab
Das
liegt hauptsächlich an den Schulzimmern, die dicht belegt sind. Durch atmen,
schwitzen, Pflegeprodukte und Bakterien wird die Luft belastet. Sauerstoff hat
es zwar ausreichend vorhanden, aber der Mensch gibt durch Atmung und
Transpiration über 3000 Substanzen an die Umwelt ab.
Um
die Luftqualität zu bestimmen, misst die Forschung den CO2-Anteil. Als inakzeptabel gilt
die Qualität, wenn der CO2-Pegel den Grenzwert von 2000 ppm (Teile pro Million,
entspricht 0.2 Prozent) überschreitet. Zum Vergleich: In der Aussenluft liegt
der CO2-Gehalt momentan bei etwa 400 ppm (0.04 Prozent). In den 100
untersuchten Schulzimmern konnte das BAG nur bei 33 Prozent akzeptable Luftqualität
(CO2-Pegel unter 2000 ppm).
Wobei sich in den meisten Zimmern
dasselbe Muster zeigt: Am Morgen ist die Luftqualität meist noch gut bis sehr
gut. Sie verschlechtert sich aber bei geschlossenen Fenstern im Laufe einer
Lektion rasch. Wird in der Pause aufs Lüften verzichtet, verschlechtert sich
die Situation zunehmend. Doch auch durch Lüften wird die Luftqualität vom
Beginn am Morgen selten wieder erreicht.
Miserable Noten erhält nur eine
Klasse, bei welcher die Schüler fast den ganzen Tag (92 Prozent der Schulzeit)
inakzeptable Luft atmen musste. Nur zwei Klassen erhielten bei der Studie eine
tadellose Note. Das heisst, die Qualität sank nie unter 1400 ppm.
Rechenleistung sinkt, Grammatik
lässt nach
Nur
in einem guten Raumklima sind auch die Lernbedingungen für die Schüler gut. Das
zeigten verschiedene Studien: Je besser die Raumluftqualität ist, desto besser
ist die intellektuelle Leistungsfähigkeit von Schülern und Lehrern:
·
Gute Luft verkürzte die Reaktionszeit für richtige Antworten.
- ·
Bei guter Innenraumluft erbrachten Schülerinnen und Schüler
bessere Leistungen in Addition, Zahlenvergleichen und Grammatik sowie im Lesen
und Verstehen.
- ·
Bereits bei leicht erhöhten CO2-Pegeln liessen sich geringfügige
Auswirkungen auf die intellektuelle Leistung feststellen.
- ·
Messgrössen zu Atemnot, Husten, Hautsymptomen, Atemwegsinfekten
und Schnupfen verbesserten sich bei einem guten Lüftungsverhalten um mehr als
20 % – in manchen Fällen sogar um das Siebenfache.
Allerdings:
Die Fehlerquote blieb meist unverändert. Das
Rezept heisst: Lüften!
Der
Bund will die Schulen aufmuntern, die Luft in den Klassen zu verbessern. Der
Auftrag könnte banaler nicht sein:
Bundesamt für Gesundheit
Damit
sich diese unvermeidbaren Verunreinigungen nicht im Raum ansammeln, muss die
belastete, «verbrauchte» Luft durch Lüften aus dem Raum abgeführt und durch
eine entsprechende Menge Frischluft ersetzt werden.
Die Anweisungen liefert die
Behörde gleich mit. Denn so banal, wie es klingt, ist das Lüften dann eben doch
nicht – sonst wäre ja auch die Luftqualität nicht so schlecht. Die Luft in den
Schulzimmern ist stark belastet, weil sich viele Personen auf relativ engem
Raum befinden.
Um diese zu verbessern, wäre eine
starke Durchlüftung nötig. Laut BAG ist dies nicht überall gleichermassen
möglich. Gerade im Winter steht langes Lüften im Konflikt mit einer angenehmen
Raumtemperatur. Manche Schulen kennen flexible Pausen, was es schwierig macht,
einen Lüftungsplan durchzusetzen. Und schliesslich gibt es vor allem auf der
unteren Stufe fixe Schulzimmer, wo die Verantwortung fürs Lüften klar geregelt
werden kann.
BAG fordert Lüftungskonzepte
Immerhin:
Erste Pilotprojekte an 23 Schulen haben ergeben, dass Lüftungspläne die
Luftqualität nachhaltig verbessern. Doch dem BAG reicht das nicht. Das Ziel
guter Luftqualität in allen Schulräumen könne längerfristig aber nur durch
bauliche Massnahmen und Lösungen erreicht werden, welche die Lehrer und Schüler
beim Lüften unterstützen. Insofern ist die Studie auch ein Appell an die
Schulen, bei bevorstehenden Sanierungen auch an Lüftungskonzepte zu denken.
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