Die Schüler haben noch eine Woche Ferien. Die
Lehrer eher nicht. Sie bereiten längst das neue Schuljahr vor, das alte
Vorurteil «Lehrerinnen sind Ferientechniker» ist – tja, eben ein Vorurteil. Im
Theater um Lehrpläne und Co scheint das Wissen verloren gegangen, dass kein
«Lehrplan Einundzwanzigkommafünf» morgens aufsteht und keine
«Kompetenzbeschreibung» die Schülerinnen begrüsst. Menschen aus Fleisch und
Blut tun das – omg!
Gute Schule? - Gute Lehrer! bz Basel, 6.8. von Thierry Moosbrugger
Menschen verbinden sich lieber mit konkreten
Menschen als mit abstrakten Ideen. FCB-Fans rufen öfter nach
«Integrationsfiguren» als nach dem Business-Plan, Bernhard Heuslers
Ausstrahlung liegt in seiner Persönlichkeit, nicht im «Kompetenzbeschrieb». Der
Aufstieg der SVP-Ideologie hängt an der Person von Christoph Blocher, bei
Wahlen ist die Persönlichkeit oft wichtiger als die Partei. Das birgt auch
Schattenseiten, bleibt aber dennoch eine Grundlage des Mensch-Seins, eine
«condition humaine».
In
den Religionen ist das nicht anders. Wir sind weder «Bibliker» noch
«Kreuzinnen», sondern Christen, benannt nach einem Menschen. So wie die
Buddhistinnen. Auch die Juden nennen sich nach einem Menschen, und als ich noch
zur Schule ging, redete man von «Mohammedanerinnen», wegen – eben ja.
Jesus
wiederum wurde oft «Rabbi» genannt, also Lehrer, Buddha sieht man oft in
Lehrpose, und damit sind wir zurück im Klassenzimmer.
Dort
lautet eine Binsenwahrheit: Der beste Lehrplan ist nichts wert mit
demotivierten Lehrern, eine motivierte Lehrerin macht mit jedem Lehrplan guten
Unterricht. Eine Schule ist so gut wie die Motivation ihrer Lehrer, eine
Schulentwicklung so erfolgversprechend wie die Wertschätzung gegenüber ihren
Lehrerinnen. Wer die Schule verbessern will, muss dort anfangen und dort den
Schlussstein setzen: Bei Motivation und Wertschätzung der Lehrer. Nur wer das
verstanden hat, sollte Lehrpläne entwickeln dürfen, weil sonst lediglich
Sandkastenspiele der eigenen Eitelkeiten entstehen.
Auch
im Medienzeitalter bleibt die Persönlichkeit der Lehrerinnen matchentscheidend.
Wo dank Internet alle möglichen Informationen so leicht zugänglich sind, ist
die Persönlichkeit des Lehrers gefragt, der den Schülerinnen hilft, die
Informationen zu werten, einzuordnen und mit anderen Gebieten in Beziehung zu
setzen.
Das
ist jetzt zwar nicht wirklich neu. Rabbi Jesus zum Beispiel hat genau das
getan: er hat die Informationen aus der Flut der jüdischen heiligen Schriften
neu gewertet und neu miteinander verknüpft. Er hat seinen Schülerinnen die
«Lerninhalte» mit Geschichten aus ihrem aktuellen Alltag verständlich gemacht,
ich würd mal sagen mit nachhaltiger Wirkung. Motivation und Wertschätzung
erhielt er von seinen Schülerinnen (meistens) und von einigen anderen Lehrern.
Die offiziellen «pädagogischen Räte» und politischen Gremien schätzten Rabbi
Jesus eher nicht, um es sanft auszudrücken.
Ich
wünsche den Schülerinnen und Schülern nächste Woche deshalb motivierte
Lehrerinnen. Und den Lehrern wünsche ich, dass sie Motivation und Wertschätzung
«von oben» nicht wie Rabbi Jesus nur von Gott erhalten, sondern auch von den
verantwortlichen pädagogischen und politischen Gremien.
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