Eine Woche nach dem Abstimmungssonntag hat
sich der Pulverdampf verzogen. Über Wochen wurde im Baselbiet heftig über die
Schulen und die Universität gestritten. Und noch als das Abstimmungsergebnis
bereits feststand, lamentierten die Unterlegenen, dass jetzt alles Schlimme
über die Baselbieter Schulen hereinbrechen würde. Inzwischen scheint das
Volksverdikt verdaut zu sein: Die Verabschiedung der Volksschul-Lehrpläne
bleiben den Experten anvertraut, beim Fächerkatalog und den Zeugnisnoten haben
sie sich jedoch dem Willen der Bevölkerung zu beugen.
Baselland ist keine Bildungsinsel, Basler Zeitung, 13.6. von Thomas Dähler
Was wurde doch alles am
Abstimmungssonntag in Zorn und Eifer an Weltuntergangsstimmung verbreitet:
Baselland werde nun zur Bildungsinsel, die schon mit Basel-Stadt vereinbarte
Stundentafel müsse neu erfunden werden, für die Lehrerausbildung brauche es an
der Pädagogischen Hochschule einen eigenen Baselbieter Lehrgang, und die
Schweizer Lehrmittel könnten jetzt im Baselbiet nicht mehr verwendet werden.
Alles Unsinn. Der Reformzug an den Baselbieter Sekundarschulen dürfte jetzt
einfach etwas unaufgeregter und überlegter weiterfahren. Und für die
unmittelbare Zukunft dürften sich die Volksentscheide als heilsam erweisen.
«Mein Ziel ist es, einen Lehrplan zu verabschieden, der mehrheitsfähig ist»,
brachte es Bildungsdirektorin Monica Gschwind nach der Abstimmung auf den
Punkt. Das wird sich auch der Bildungsrat zu Herzen nehmen. Auch Experten sind
angehalten, auf Volkes Stimme zu hören.
Problemlos umsetzbar
Die nun vom Volk
verschmähten Sammelfächer sind zwar eine Erfindung des Lehrplans 21. Doch wer
die einzelnen Kompetenzen studiert, die gemäss Lehrplan 21 jeweils zu erreichen
sind, stellt fest, dass sich darunter kaum fächerübergreifende Ziele befinden.
Einzig im Bereich Natur und Technik verlangt der Lehrplan fächerübergreifende
Diskussionen und Reflexionen über naturwissenschaftliche Erkenntnisse und
Anwendungen – etwas, was auch heute schon im Schulalltag Realität ist. Auch mit
dem Lehrplan 21 wird es nicht schwierig sein, Einzelfächer zu unterrichten und
zu benoten – auch dann nicht, wenn sich die Schüler in zwei oder drei Fächern
auf ein einziges Schulbuch abstützen müssen.
Auch die Lehrerausbildung
muss nach dem Entscheid zugunsten der Einzelfächer nicht neu organisiert
werden. Schon bisher wurden Sekundarlehrer in Naturwissenschaften ausgebildet,
damit sie Physik und Chemie unterrichten können – ein kombiniertes Fach
existierte dennoch nicht in der Stundentafel. Demgegenüber wurden auch bisher
die Sekundarlehrer in Chemie und in Biologie separat ausgebildet, obwohl die
beiden Fächer in den Baselbieter Sekundarschulen heute zusammen unterrichtet
werden.
Auch die für 2017 geplante
Anpassung der Sekundarlehrer-Studiengänge an der Fachhochschule Nordwestschweiz
sieht eine breite Palette an Möglichkeiten vor. Die Re-Akkreditierung bei der
Erziehungsdirektoren-Konferenz ist im Gang. Eine Ausbildung in drei Fächern
bleibt Standard. Im Masterstudium wird zwingend die Vertiefung von mindestens
einem Einzelfach aus einer Fächerkombination verlangt.
Ob mit oder ohne
Sammelfächer: Die Rufe nach einer besseren Fachausbildung angehender
Sekundarlehrer werden so oder so nicht verstummen. Die Fachkompetenz darf
nämlich in keinem Fall von den Stundenplänen oder der Notengebung abhängig
gemacht werden. Sogenannte Schnellbleichen sollten unabhängig vom geltenden
Lehrplan vermieden werden.
Pragmatischer Weg
Der von den
Stimmberechtigten am letzten Sonntag eingeschlagene Weg ist ein pragmatischer.
Er sollte entsprechend unaufgeregt umgesetzt werden. Die Bundesverfassung
verpflichtet die Kantone zur Zusammenarbeit, garantiert aber auch ihre
Schulhoheit. Die Harmonisierung mit den Nachbarkantonen dürfte mit einer Stunde
mehr oder weniger Geografie oder Hauswirtschaft kaum infrage gestellt sein. Von
einer Bildungsinsel ist das Baselbiet weit entfernt. Im Gegenteil: Der
Baselbieter Volksentscheid könnte den einen oder anderen Kanton in der Schweiz
dazu anhalten, mit den Reformen nicht zu übertreiben.
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