Die Zuger Regierung will weniger Gymnasiasten und dafür die
Sekundarschule stärken. Die Lehrer
sehen darin eine Sparmassnahme.
Der Kanton Zug senkt seine Maturitätquote, Tages Anzeiger, 2.9. von Michael Soukup
Eine
hohe Maturitätsquote ist oder zumindest war bis vor kurzem politisch erwünscht.
Im Februar stellte der Walliser Bildungsdirektor Oskar Freysinger (SVP) besorgt
fest, dass die Quote in seinem Kanton von 20 auf 17 Prozent gesunken sei und
deshalb wieder erhöht werden müsse. Im Mai gab die St. Galler Regierung auf
Wunsch der BDP, CVP, FDP und SP einen Bericht in Auftrag, um die Gründe für die
tiefe Maturitätsquote zu erfahren. Uri wiederum bildete 1995 mit 7,5 Prozent
Maturanden den Schluss der interkantonalen Rangliste. Im Jahre 2010 waren es
dann 19,8 Prozent, was die Urner Regierung mit Stolz erfüllte.
Der Kanton Zug hat ganz
andere Probleme. Auch er hat mit einem Anstieg der Quote von 14,3 auf 22,1
Prozent (1995–2014) eine beeindruckende Aufholjagd hinter sich. Mittlerweile
weist Zug nach Basel-Stadt (30,5 Prozent) die höchste gymnasiale
Maturitätsquote der Deutschschweiz auf. So fragte sich denn auch die «Basler
Zeitung»: «Lässt sich dieser Anstieg mit dem Wandel vom Agrarkanton zum
Standort von Briefkastenfirmen und Ablegern von Weltkonzernen erklären?»
Schuld
sei der nationale Finanzausgleich
Darüber zerbricht sich
heute niemand mehr den Kopf. «Der Kanton hat Interesse zu sparen und die
Schülerzahl an den Kantonsschulen zu senken», sagt Simon Brugger,
Vorstandsmitglied des Lehrerkonvents der Kantonsschule Zug, zu
Tagesanzeiger.ch/Newsnet. Die vom Bildungsdirektor gewünschte Reduktion der
Eintrittsquote ins Gymnasium von heute 20,5 auf künftig 18 Prozent würde
unausweichlich zu einer tieferen Maturitätsquote führen. Und: «Ich gehe davon
aus, dass sich diese dem schweizerischen Durchschnittswert von 20 Prozent
angleichen wird.»Der reichste und steuergünstigste Kanton der Schweiz hat im
März letzten Jahres ein schmerzhaftes Sparpaket vorgelegt. Dieses soll ab 2018
den Haushalt um jährlich 111 Millionen Franken oder rund 7,5 Prozent entlasten.
Begründet hat dies die Regierung mit den rasant steigenden Zahlungen an den
nationalen Finanzausgleich (NFA). Dazu bemerkte Urs Leisinger, Co-Präsident des
Lehrerkonvents, im regionalen Onlineportal «Zentralplus»: «Der NFA lässt sich
natürlich nur im Sinne Zugs umgestalten, wenn der Kanton auch eine angespannte
finanzielle Situation ausweist.»
Überdurchschnittlich
hart treffen die Sparmassnahmen die Bildung. 15 Millionen sollen alleine auf
dem Buckel der kantonalen Schulen gespart werden. «Das sind rund
15 Prozent der Budgets dieser Schulen», stellt Leisinger fest. Konkret heisse
das: Abbau von 40 Vollzeitstellen, Senkung der Budgets für Unterrichtsmaterial,
weniger Unterrichtszeit sowie Reduktion der Eintrittsquote ins Gymnasium und
damit der Maturitätsquote. In den Sommerferien begann die Lehrerschaft aus
Protest, online Unterschriften dagegen zu sammeln.
Der für die Bildung
zuständige SVP-Regierungsrat Stephan Schleiss hält fest, dass es keinen
Abbau von 40 Vollzeitstellen gäbe. Diese Sicht sei auf den Standort Zug
verkürzt. 24 Stellen würden nicht abgebaut, sondern mit den Klassen von Zug
nach Menzingen verschoben, wo ein neues Langzeitgymnasium aufgebaut werde.
«Keine
Katastrophe»
Der Leiter des Amts für
Mittelschulen, Michael Truniger, betont zudem: «Im Rahmen des
Entlastungsprogramms wurde beschlossen, dass bei den Übertrittsverfahren von
der Primarschule an die Langzeitgymnasien und von der Sek-Schule in die
Kantonsschulen stärker zu steuern und zu selektionieren sei.» Die Massnahme
stehe aber im Zusammenhang mit dem Legislaturziel 2015–2018, die Sek-Schule zu
stärken und das Langzeitgymnasium zu entlasten. Dieses Ziel sei vor dem
Sparpaket formuliert worden: «Weil die Verlagerung entlastend wirkt, wurde sie
dem Entlastungsprogramm zugerechnet», so Truniger.
Sukkurs erhält die
Regierung von Urs Moser, Bildungsforscher an der Uni Zürich: «Aus einer
bildungspolitischen Perspektive ist die Reduktion der Zuger Maturitätsquote
keine Katastrophe, denn dadurch wird das duale Bildungssystem eher gestärkt und
die Maturität bestimmt nicht geschwächt.»
Das sogenannte Stärken der Sekundarschule ist ein Trug und Betrug. Man müsste dann in eine qualitativ bessere Ausbildung dort investieren, dies passiert aber nicht.
AntwortenLöschen