25. August 2015

App gegen Schwänzer

Schüler, die zu spät kommen oder schwänzen, werden in Frankreich bald mittels App an die Eltern verpfiffen. In der Schweiz stösst diese Ideee im Welschland und im Tessin auf Begeisterung. Jürg Brühlmann vom LCH findet, es sei ausschlaggebend, wie man die App nutze.




Ein Fortschritt in der Schule-Eltern-Beziehung? Bild: Keystone/Digitalbs


Neue App soll Schüler vom Schwänzen abhalten, 20 Minuten, 24.8. 



«Ihre Tochter Valerie ist heute nicht zum Unterricht erschienen. Bitte kontaktieren Sie die Schulleitung.» Solche SMS werden Eltern in Frankreich bald erhalten. Ab September führt das Land ein neues Überwachungssystem ein.
Mit der App Vie scolaire (Schulleben) können Lehrer die Eltern von renitenten Kindern über ihr Fehlverhalten informieren. Das Hauptziel: Schüler sollen daran gehindert werden, blauzumachen, wie «Le Monde» berichtet.
«Technologie darf nicht als Kompensation dienen»
Beim Schweizer Verein für Eltern von Schülern Romandie und Tessin (Fapert) stösst diese Idee laut «Le Matin» auf Begeisterung. «Das ist genau das, worauf wir gewartet haben», sagt Präsident Paul Majchercyk. Es sei an der Zeit, dass auch die Schweiz Fortschritte auf dem Gebiet der Lehrer-Eltern-Kommunikation mache. «Es gibt Primarschulen, die noch nicht mal E-Mails versenden», so Majchercyk
Auch Georges Pasquier, Präsident der Welschschweizer Lehrergewerkschaft, sagt, viele Lehrer würden sich nach wie vor gegen Neuheiten wehren. Er halte die Idee für prüfenswert, solange sie nicht zweckentfremdet werde. «Die Idee sollte nicht sein, mit einer digitalen Kontrolle die Ausbildung der Schüler zu ersetzen.» Die Kinder sollten sich selbständig zu vernünftigen Erwachsenen entwickeln können. «Die Technologie darf auch nicht als Kompensation für eine fehlerhafte Erziehung dienen.»
«App ist keine Lösung für Kinder, die schwänzen»
In der Deutschschweiz begegnet man dem Thema eher skeptisch. Jürg Brühlmann, Mitglied Geschäftsleitung des Schweizer Lehrerverbands, sagt: «Ausschlaggebend ist, wie man die App nutzt.» Wenn sie nur dazu diene, Kinder, die schwänzten, bei den Eltern zu verpetzen, sehe er keinen Sinn dahinter. «Für Schüler, die andauernd blaumachen, braucht es mehr als eine App. Da sind Gespräche notwendig.»
Wenn die App aber auch für positive Feedbacks genutzt werde, etwa für Benachrichtigungen zu guten Leistungen des Schülers, sehe er durchaus einen Vorteil darin. Wichtig sei, dass die App der Philosophie der Schule entspreche.
In der Schweiz nur auf Gemeindeebene
In nordischen Ländern gebe es diese Art der Überwachung schon länger. In Mitteleuropa sei man aber eher zurückhaltend auf diesem Gebiet, weil der Persönlichkeitsschutz der Kinder einen höheren Stellenwert habe.
Dass diese App nun in Frankreich eingeführt wird, erstaunt Brühlmann nicht. «Die Franzosen waren schon immer Pioniere auf dem Gebiet von technisch einfachen Technologien.» In der Schweiz sei es aber unwahrscheinlich, dass man diese Anwendung auf nationaler Ebene durchsetze. Dies werde eher auf Gemeindeebene oder in einzelnen Schulen geschehen.


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