Neue Töne aus Deutschland: "Orthographie ist wichtig", Bild: DPA
Rechtschreibtest für Grundschüler, FAZ, 13.3. von Heike Schmoll
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Bei ihrer Tagung in Leipzig haben sich die
Kultusminister dazu durchgerungen, zum ersten Mal bei einem Ländervergleich für
die Grundschule auch die Rechtschreibung zu untersuchen. Im Ländervergleich
2016 für die vierte Klasse werden also die Fächer Deutsch und Mathematik
getestet, sodass Lesen, Sprechen und Zuhören sowie richtiges Schreiben genau
unter die Lupe genommen werden. „Orthographie ist wichtig, auch wenn es auf dem
Computer Rechtschreibprogramme gibt“, sagte die Präsidentin der
Kultusministerkonferenz, die sächsische Kultusministerin Brunhild Kurth (CDU),
dazu in Leipzig. Vor wenigen Jahren noch wäre ein derartiger Beschluss kaum so
gefallen. Es war kein Zufall, dass Rechtschreibvergleiche von bestimmten
sozialdemokratisch regierten Ländern bisher verweigert wurden, weil sie eine
öffentliche Blamage bei der Bekanntgabe der Ergebnisse befürchteten.
Doch auch unter den sozialdemokratischen
Kultusministern, die die Mehrheit in der Konferenz der Kultusminister (KMK)
bilden, ist inzwischen ein Sinneswandel eingetreten. Selbst wenig
schmeichelhafte Ergebnisse werden in Kauf genommen, weil die Minister wissen,
dass ein bewusstes Ignorieren, von der Öffentlichkeit scharf beobachtet, sie
noch stärker blamieren würde. Aber es geht den Ministern nicht nur darum zu
erfahren, wo ihre Schüler mit ihren in einer bestimmten Klassenstufe erworbenen
Fähigkeiten stehen. Sie wollen auch wissen, wie sie die Ergebnisse verbessern
können. Direkt in die Schulpraxis übertragbare Ratschläge werden sie von
Bildungsforschern nicht bekommen.
Umso notwendiger wird es werden, bestimmte
Unterrichtsmethoden und ihre Effekte auf den Lernerfolg zu erforschen. Auf
diese Weise wird untersucht, ob das Schreiben nach dem Hören (phonetische
Schreibung), das in nahezu allen Ländern in den ersten beiden oder gar drei
Schuljahren der Grundschule üblich ist, zu schlechteren Rechtschreibkenntnissen
führt.
Bei einem zweiten Ländervergleich, der schon im
kommenden Jahr stattfindet und die Kompetenzen der Neuntklässler in Deutsch,
Englisch und Französisch betrachtet, wird auch die Verteilung der Schüler auf
die jeweiligen Kompetenzstufen der Bildungsstandards erhoben. Wenn sich dann -
wie beim Bildungsbericht - zu viele Schüler unterhalb des Durchschnitts
befinden, wird man an den Schulen Konsequenzen ziehen müssen. Eine weitere
Vereinfachung der ohnehin nicht immer allzu anspruchsvollen Standards wird von den
Bildungsforschern jedenfalls nicht beabsichtigt.
Inzwischen sind alle Minister unabhängig von ihrem
Parteibuch der Auffassung, dass das Institut zur Qualitätsentwicklung im
Bildungswesen (IQB), das die Minister schließlich selbst gegründet haben und
das trotzdem nicht die Rolle eines Hofberichterstatters spielt, gestärkt werden
muss. Ob das dann allerdings auch bedeutet, dass die Minister ihre Finanzminister
dazu bewegen können, mehr Geld für die Finanzierung des IQB auszugeben, ist
eine offene Frage.
Zu den wichtigsten Beschlüssen in Leipzig gehört
die Rahmenvereinbarung über die Berufsschulen. Künftig wird der
ausbildungsbegleitende Erwerb der Fachhochschulreife möglich werden.
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Zum selben Thema folgendes Zitat:
AntwortenLöschenEs ist ein Unding, dass Lehrstühle für Deutsch im Anfangsunterricht an Pädagogischen Hochschulen und Universitäten häufig mit Professoren besetzt werden, die weder ein Lehramtsstudium noch Staatsprüfungen, noch ein Referendariat, geschweige denn eine unterrichtspraktische Erfahrung vorweisen können. In jedem anderen ernst zu nehmenden wissenschaftlichen Fach taugte das für einen Aufruhr, nur in der Pädagogik wird es einfach geduldet. So zufällig sind die Rechtschreibdefizite also nicht.
http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/bildungsvergleich-rechtschreibung-lehren-13473268.html