Erprobungsfassung von New World 3 stösst auf wenig Gegenliebe, Schulblatt LEGR, Februar 2015, von Andreas Spinas
Anlässlich
der Jahresversammlung der Fraktion Sek1 im September in Landquart hat ein engagierter und erfahrener Sekundarlehrer aus
dem Domleschg den Mut gefunden seine Unzufriedenheit über das neu eingeführte
Englischlehrmittel „New World 3“ bei der Kommission Sek1 zu deponieren, mit der
Bitte eine Umfrage durchzuführen um den „Puls“ der Englischlehrerschaft zu
fühlen.
Die
Umfrage wurde noch im Herbst durch die Kommission Sek1 erstellt und
ausgewertet. Die Resultate waren überraschend klar. Von 79 Lehrpersonen sind 55
mit der Erprobungsversion des Lehrmittels unzufrieden bis sehr unzufrieden.
Fehlendes Übungsmaterial, inexistente
Lernziele, ein unklarer Aufbau und das Fehlen von niveaukompatiblen Lehrbüchern
sind dabei die häufigst genannten Kritikpunkte. Konsequenterweise fordern 70%
der Befragten von der Kommission Sek1 sich für eine Lockerung des
Lehrmittelobligatoriums einzusetzten.
Die
Kommission Sek1 hat daraufhin beim EKUD anlässlich des halbjährlich
stattfindenden Austauschtreffens die Situation geschildert und folgende drei
Anträge hinterlegt:
- Einsetzung einer Lehrmittelkommission, welche bei der Lehrmittelauswahl dem AVS beratend zur Seite steht.
- Aussetzung des Lehrmittelobligatoriums für die Erprobungsversion von „New World 3“ bis die definitive Version des Lehrmittels (Veröffentlichung Juli 2015) vorliegt und die Anforderungen der Kantiaufnahmeprüfung bekannt sind.
- Eine Lockerung des Lehrmittelobligatoriums, d.h. man stellt den Lehrpersonen verschiedene Lehrmittel zur Auswahl zur Verfügung.
Das
AVS teilt mit, dass die Schaffung einer Lehrmittelkommission kein Thema sei und
nimmt zu den anderen Anträgen wie folgt Stellung:
Die Regierung hat in mehreren Beschlüssen
festgehalten, dass der Kanton Graubünden sich der elaborierten Lösung der sechs
Passepartout-Kantone anschliesst. Von einem "Versuch" kann daher
keine Rede sein. Dadurch, dass der Kanton Graubünden das Fach Englisch auf der
Primarstufe ein Jahr früher einführte als die Passepartout-Kantone, steht für
den ersten Jahrgang erst die Erproberversion zur Verfügung. Um den Unterricht
von der Primarstufe her nahtlos weiterführen zu können und eine einheitliche
Schnittstelle zur Sekundarstufe II zu schaffen, muss dieser erste
Jahrgang gemäss Beschluss der Regierung bis und mit Schuljahr 2016/17 auch auf
der Sekundarstufe I durchgehend und in allen Klassen mit der Erproberversion
geschult werden.
Die
Regierung wird das Obligatorium für das auf den Lehrplan 21 zugeschnittene
"New World" unverändert beibehalten und auch keine Varianten dazu zulassen.
Alternativ-Obligatorien wie im Kanton Zürich sind im Gesetz für die Volksschulen
des Kantons Graubünden nicht vorgesehen, führen zu Unsicherheiten an den
Schnittstellen zur Primarstufe sowie zur Sekundarstufe II und
benachteiligen zudem die italienischsprachigen Schulen, für die vom
obligatorischen Lehrmittel eine Spezialausgabe mit italienischen Texten
herausgegeben wird.
Da der Kanton Graubünden einer der ersten Kantone ist,
welcher das unfertige Lehrmittel flächendeckend einsetzt, während andere Passepartout-Kantone es lediglich in Pilotklassen einsetzt, kann man wohl
durchaus von einem grossangelegten Versuch
mit unseren Lernenden sprechen. Pikant an den Argumenten des AVS ist zudem
die Tatsache, dass im Fach Mathematik gerade die Schnittstelle zwischen Primar-
und Oberstufe auch seit der Einführung des neuen Mathematiklehrmittels der OS
weiterhin nicht gegeben ist, fehlt doch das angepasste Lehrmittel für die 5./6.
Klasse. Die Oberstufe musste aber unbedingt das neue Lehrmittel einführen, da
sonst ein parallel laufender Niveauunterricht nicht gewährleistet werden könne.
Bei der Erprobungsversion New World
fehlen bisher aber genau die auf das Lernniveau der Schülerinnen und Schüler
angepassten Bücher gänzlich. Zudem ist die Lehrmittelwebsite nach
wie vor nicht aufgeschaltet und ein Grossteil der Materialen ist noch in Vorbereitung.
Gemäss dem Klett Verlag wird die gesamte Ausgabe des
Lehrmittels New World 3 mit sämtlichen Materialen und dem Niveauunterricht angepassten
Coursebooks per Juli 2015 zur Auslieferung bereitstehen.
Ein kleiner Trost für den ersten Bündner Jahrgang von
Lernenden, welcher schon in der
Primarschule und nun auch noch drei Jahre auf der Oberstufe mit
Erprobungsversionen lernen muss. Auch nur ein kleiner Trost für alle gut ausgebildeten
Englischlehrpersonen, welche im Wissen um die Existenz von wirksamen und
weltweit erprobten Englischlehrmitteln mit einer Betaversion von New World unterrichten müssen.
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