Frankreichs
Parlament debattiert über ein neues Bildungsgesetz. Dabei gibt ein Passus zu
reden, gemäss dem die Bezeichnungen «Mutter» und «Vater» aus den
Schulformularen verschwinden sollen.
Vater eins, Mutter zwei und ein Phantomproblem in Frankreichs Bildungswesen, NZZ, 25.2. von Nina Belz
Frankreich bekommt ein
neues Schulgesetz. Vergangene Woche hat die Nationalversammlung über den
Entwurf debattiert. Weder die Schulpflicht ab drei Jahren noch die Absicht,
Lehrern in Ausbildung die Tätigkeit als Hilfslehrkraft zu erlauben, sorgten
dabei für ungewöhnliche Diskussionen. Der Antrag der Konservativen, dass
künftig in jedem Schulzimmer eine Frankreich- und eine Europaflagge sowie der
Text der Nationalhymne zu hängen hätten, löste erwartungsgemäss ein Murren bei
den Linken aus.
Eine Polemik entbrannte
allerdings wegen eines Passus, der auf eine Politikerin der Macron-Partei La
République en marche zurückging. Sie hatte vorgeschlagen, die Bezeichnungen
«Mutter» und «Vater» auf Schulformularen durch «Elternteil 1» und
«Elternteil 2» zu ersetzen.
Im Zeitalter von
gleichgeschlechtlichen Elternpaaren seien die Bezeichnungen Mutter und Vater zu
starr, argumentierte eine ihrer Unterstützerinnen. Mit dieser Ergänzung, die
entgegen der Empfehlung des zuständigen Ministers in den Gesetzesvorschlag
integriert wurde, stach die Abgeordnete in ein Wespennest.
Empörung gab es nicht nur
im Lager der Konservativen, die den Passus als entmenschlichend und ideologisch
bezeichneten. Auch bei Vertretern der LGBT-Gemeinde regte sich Widerstand. Das
ergebe eine künstliche Hierarchie, argumentierte etwa der Präsident der
Vereinigung gleichgeschlechtlicher Eltern. Wer sei Nummer 1 und wer
Nummer 2? Die Neuerung wurde, wie das Gesetz, dennoch von der
Nationalversammlung angenommen.
Im März wird es nun im
Senat behandelt werden. Angesichts der konservativen Mehrheit wird dieser
Passus einen schweren Stand haben. Der Bildungsminister, der den Antrag nicht
unterstützt hat, schlug schon im Vorfeld vor, anstatt einer Nummerierung beiden
Elternteilen die Auswahl zwischen «Mutter» und «Vater» anzubieten. Offenbar hat
sich ob all der Aufregung niemand die Frage der Notwendigkeit der Anpassung
gestellt. Laut der
Lehrergewerkschaft SE-Unsa wird in den meisten Schulformularen
bereits seit Jahren die Bezeichnung «gesetzlicher Vertreter» verwendet.
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