3. Oktober 2017

Nachlese zur LEGR-Delegiertenversammlung

Seit Jahren versucht die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) mit Sitz in Paris, das Bildungswesen wie auch andere Dienstleistungen einheitlichen Standards zu unterwerfen und zu privatisieren. 
Nachlese zur LEGR-Delegiertenversammlung, Bündner Tagblatt, 3.10. Komitee "Gute Schule Graubünden"


Dieser Wandel wird weder politisch wahrgenommen noch öffentlich diskutiert. Mit dem bereits laufenden Umbau des Bildungswesens – der Lehrplan 21 ist Teil davon – wird die Schule mehr und mehr der Kontrolle dieser rein ökonomisch orientierten Organisation überlassen. Die Pisa-Vergleichsstudien, woran die Schweiz seit dem Jahr 2000 teilnimmt, sind ebenso Vorgaben aus Paris wie das Bologna-Modell für Studierende.  

Mit unseren Initiativen wollen wir weder eine Verpolitisierung der Schule, noch sollen die Lehrpläne ein Spielball von politischen Interessen werden, wie es uns der LEGR unterstellt. Wir wenden uns aber entschieden gegen die Fremdsteuerung. Wir wollen die demokratische Kontrolle über die Schule gesetzlich verankern, um sie gegen die Kommerzialisierung auf dem globalen Markt zu schützen. Grosse Buchverlage, Konzerne der Telekommunikation und Hersteller von Anwenderelektronik zeigen überaus grosses Interesse am Bildungsmarkt.  Zudem wollen wir verhindern, dass unsere Kinder unzureichend erprobten Schulreformen ausgesetzt werden und in der Schule nur noch mess- und verwertbares Können zählt.

Was den Schulunterricht betrifft, sind die Lehrerinnen und Lehrer unbestritten die Hauptakteure, emanzipiert genug, um weiterhin in grösstmöglicher Freiheit ihren anspruchs- und verantwortungsvollen Beruf ausüben zu können. Mit dem vorgesehenen Systemwechsel wird ihnen ein umstrittenes Unterrichtsmodell aufgezwungen, das in anderen Ländern bereits gescheitert ist. In den USA und in Australien nimmt man bereits wieder Abstand vom kompetenzorientierten Schulunterricht.

Lehrpläne sind zentrale Instrumente in unserer Volksschule, sie geben die Leitplanken vor für die Lernziele und die Lehrmittel. Sie sollen nach wie vor von der Regierung erstellt werden. Mit unserer Initiative wollen wir lediglich, dass wichtige Änderungen in Bildungsfragen vom Parlament genehmigt und nicht an der Öffentlichkeit vorbei ohne Diskussion eingeführt werden. Es geht überhaupt nicht darum, dass Grossräte ihre Nasen in Erstklassfibeln stecken oder Rechenbücher durchblättern müssten.

Schon vor mehreren Jahren warnte Jürg Brühlmann, Leiter der pädagogischen Arbeitsstelle des schweizerischen Lehrerverbandes, dass sich Lehrpersonen im Zuge der vorgesehenen Reformen «warm anziehen sollten». Im Gesundheitswesen und in der Landwirtschaft haben global tätige Unternehmen bereits die gesamte Wertschöpfungskette fest im Griff. Landwirte und Angestellte im Gesundheitswesen beklagen zu Recht Abhängigkeit, Kontrollen und überhandnehmende Bürokratie. Bildung geht alle etwas an – bei fragwürdigen Änderungen hat der Steuerzahler das Recht und die Pflicht mitzubestimmen.

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