Die Zahl der Asyl
suchenden Kinder im Schulalter ist zuletzt stark angestiegen: 8827 Kinder und
Jugendliche zwischen 5 und 16 Jahren waren Ende 2014 schweizweit im
Asylprozess. Ein Jahr später waren es 12 046. Und im laufenden Jahr belief sich
ihre Anzahl am Stichtag 31. Juli bereits auf 12 060, wie das Staatssekretariat
für Migration auf Anfrage bekannt gab. Zählt man noch die anerkannten
Flüchtlinge im schulpflichtigen Alter hinzu, ergibt sich eine Zunahme von 15
476 (2014) auf 19 851 Ende 2015 und 20 652 bis Ende Juli 2016.Das stellt die
Schulen vor grosse Aufgaben. Denn die Probleme, die Flüchtlingskinder vielfach
mitbringen, summieren sich: Mangelnde Deutschkenntnisse, unsicherer
Aufenthaltsstatus, beengte Wohnverhältnisse, erschwerte berufliche Perspektiven
der Eltern, kulturelle und religiöse Unterschiede tragen dazu bei, wie das
Kantonalzürcher Volksschulamt in einer Broschüre festhält. Einige
Flüchtlingskinder leiden zudem an einer posttraumatischen Belastungsstörung.
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Zürich braucht mehr ausgebildete Lehrkräfte, Bild: Bruno Kissling
Weiterbildung für Lehrkräfte nötig, Landbote, 18.8. von Matthias Scharrer
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Gymnasiumsklasse in Bern
Gleichzeitig
stellen die Migrantenkinder aber auch ein Potenzial dar: Einige von ihnen
bringen nämlich eine gute Schulbildung mit. Der Kanton Bern lanciertdaher im
nun startenden neuen Schuljahr versuchsweise eine Gymnasiumsklasse für
Migranten. «Wir wollen jungen Flüchtlingen mit guter Bildung eine Chance geben,
ihre Mittelschulkarriere hier fortzusetzen», erklärte der Berner
Erziehungsdirektor Bernhard Pulver (Grüne) gegenüber der «NZZ am Sonntag». In
der neuen «Spezialklasse für Migranten mit Mittelschulniveau» sollen solche
Jugendlichen möglichst schnell Deutsch lernen und fit fürs Gymnasium gemacht werden.
Ein
solches Angebot existiert im Kanton Zürich nicht – und ist auch nicht geplant,
wie die Zürcher Bildungsdirektion auf Anfrage bestätigte. Doch wie werden
Flüchtlingskinder im Kanton Zürich in die Schule aufgenommen? Und: Gibt es
genug Lehrpersonal mit den dafür nötigen Qualifikationen?
18 Aufnahmeklassen
Solange
die schulpflichtigen Kinder in der ersten Phase des Asylverfahrens in einem
kantonalen Durchgangszentrum sind, erhalten sie dort in sogenannten
«Aufnahmeklassen Asyl» Schulunterricht. Aktuell gibt es laut
Bildungsdirektionssprecherin Esther Schaffner kantonsweit 18 Aufnahmeklassen
Asyl. Gegenüber dem Stand vor zwei Jahren stelle dies fast eine Verdoppelung
dar. «Entsprechend hat sich auch der Bedarf an Lehrpersonen für diese Klassen
erhöht», so Schaffner.
Ähnlich
präsentiert sich die Situation in der zweiten Phase des Asylverfahrens, in der
die Betroffenen auf die Gemeinden verteilt sind: Im letzten Schuljahr wurden im
Kanton Zürich neun gemeindeeigene Aufnahmeklassen neu eröffnet – allerdings
nicht nur wegen des Eintritts von neuen Flüchtlingskindern, sondern auch von
anderen Kindern nicht deutscher Erstsprache, wie Schaffner betont.
Oft in Regelklassen
Nicht
alle Flüchtlingskinder kommen in der zweiten Phase in die gemeindeeigene
Aufnahmeklasse. Ein grosser Teil der rund 500 Flüchtlingskinder, die gemäss
Schaffner im vergangenen Schuljahr auf die Zürcher Gemeinden verteilt wurden,
besucht die Regelklassen und erhält ergänzend Unterricht in Deutsch als
Zweitsprache (DaZ). «Damit erhöht sich – sowohl für Aufnahmeklassen wie für den
DaZ-Unterricht – der Bedarf an geeigneten Lehrpersonen», hält Schaffner fest.
Der Kanton biete daher Weiterbildungen für Lehrpersonen an: Zum einen für
Deutsch als Zweitsprache mit Schwerpunkt Aufnahmeklassen Asyl; zum anderen
Kurse zur Alphabetisierung und zum Umgang mit traumatisierten Kindern.
Zur
Frage, ob die dafür nötigen Mittel vorhanden sind, liegen dem Kanton laut
Schaffner keine Zahlen vor, weil in der zweiten Asylverfahrensphase die
Gemeinden zuständig sind. «Da die Flüchtlinge proportional zu den
Bevölkerungszahlen verteilt werden und im Kanton 220 Schulgemeinden und 500
Schulen bestehen, dürfte die Einschulung in der Regel innerhalb der bereits
bestehenden Infrastruktur erfolgen», so die Sprecherin von Bildungsdirektorin
Silvia Steiner (CVP) weiter. «Bei Bedarf müssen die Gemeinden ihre Lehrerpensen
für den DaZ-Unterricht aufstocken.»
Coaching für
Lehrbetriebe?
Für
jugendliche Migranten auf der Stufe Mittel- und Berufsschulen setze der Kanton
Zürich weiterhin auf die integrationsorientierten Berufsvorbereitungsjahre und
spezifische Vorlehrklassen. Es müsse aber geprüft werden, wie die Lehrpersonen
und die Betriebe zum Beispiel durch Weiterbildungen, Fachtagungen oder
Coaching unterstützt werden können.
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