Der
Baselbieter SVP-Landrätin und Bildungspolitikerin Caroline Mall ist bewusst,
dass sie sich mit ihrer Forderung Feinde macht. Seit der flächendeckenden
Lohnsenkung für Baselbieter Verwaltungsangestellte Anfang Jahr erreichen sie
immer noch regelmässig geharnischte E-Mails von Lehrern. Ab heute droht wieder
ein volles Postfach. Denn Mall fordert, weitere sechs Millionen Franken bei den
Sekundarlehrern zu sparen. In erster Linie will sie mit einer
Ungleichbehandlung aufräumen. Absolventen der Pädagogischen Hochschule (PH),
die den sogenannt integrierten Studiengang mit drei Fächern gewählt haben, sind
heute in der Lohnklasse 10 angesiedelt und verdienen je nach Dienstalter
zwischen 104000 und 142000 Franken. Die rund 15 Prozent, die an der Universität
studiert haben und nur zwei Fächer unterrichten, sind in der tieferen
Lohnklasse und verdienen im Schnitt jährlich 8000 Franken weniger. Fortan
sollen alle auf dieses Niveau zurückgestuft werden. So will es Mall.
Angriff auf Lehrerlöhne, Schweiz am Sonntag, 24.7. von Leif Simonsen
Die
Bildungskommission des Landrats hat die Regierung beauftragt, die
Lohnunterschiede «baldmöglichst» zu eliminieren. Die Baselbieter
Bildungsdirektorin Monica Gschwind (FDP) steht vor einer ungemütlichen Aufgabe.
Entweder muss sie die Löhne der Uniabgänger anheben und vor ihren
Regierungskollegen rechtfertigen, warum sie sich nicht an die Vorgaben des
Sparpakets hält. Oder sie riskiert weitere Lehrerproteste. Gschwind will sich
zu ihren Plänen nicht äussern. Sie verweist auf den politischen Prozess, der
noch am Laufen sei.
Einst ein begehrter Arbeitgeber
Sollte
sich Gschwind für die von Mall vorgeschlagene Sparmassnahme entscheiden,
verlieren die Baselbieter Schulen ihr bisher bestes Argument im Ringen um neue
Lehrer. Die Absolventen des integrierten Studiengangs der PH verdienen heute im
Baselbiet besser als in der Stadt. Sämtliche anderen Rahmenbedingungen sprechen
nach den jüngsten Sparübungen gegen den Landkanton. So wurden im Rahmen der
Finanzstrategie 2016–2019 die Erhöhung der Arbeitspensen und der maximalen
Klassengrössen auf 26 Schüler beschlossen. Viele Baselbieter Schulhäuser sind
bei den Sanierungen Jahre, sogar Jahrzehnte im Verzug. Und auf Klassenlager,
Schwimmunterricht und Begabtenförderung wird wenn möglich verzichtet.
Roger
von Wartburg, Präsident des Baselbieter Lehrervereins, sieht die allfällige
Lohnsenkung für Sekundarlehrer als «Schritt, der die Negativspirale noch einmal
massiv verstärken würde». Er trauert den Zeiten nach, als das Baselbiet unter
den Lehrern in der Nordwestschweiz der begehrteste Arbeitgeber war. Als sich
der Solothurner vor 15 Jahren nach der Lehrerausbildung um eine Stelle bemühte,
schickte er wie die meisten seiner Kollegen nur Bewerbungen ins Baselbiet. Drei
Sparpakete später habe sich das Blatt gewendet. Heute würden sich die
Baselbieter Lehrer nach Anstellungen in anderen Kantonen umsehen.
Lehrerverein
lanciert Initiativen
Selbst
Bürgerliche anerkennen den Leidensdruck. Die freisinnigen Bildungspolitiker
bevorzugen daher bei der anstehenden Lohnanpassung einen Kompromiss. Landrätin
Marianne Hollinger schwebt ein kostenneutrales Modell vor. Im Gegensatz zu
Fraktionskollege Paul Hofer hat sie noch keine Idee, wie die Lösung aussehen
sollte. Hofer ist bereit für Zugeständnisse. Die tieferen Einkommen der
Uniabgänger an diejenigen der FHNW-Abgänger anzugleichen, erachtet er als
«gerechte Sache». Er ist der Meinung, dass sich der Kanton diese Million
Mehrkosten leisten und stattdessen an anderer Stelle sparen solle. «Man kann
die Anzahl Lektionen um eine weitere erhöhen», sagt er. Der Spareffekt liege
bei rund 3,5 Millionen Franken. «Das, meine ich, ist solidarisch unter den
Lehrpersonen, sparsam und verträglich.»
Der
Lehrerverein sieht das anders. Roger von Wartburg kündet Widerstand an gegen
das «immer verheerendere Sparen an der Volksschule». In den nächsten Monaten
plant die Lehrerlobby zwei Volksinitiativen gegen die Sparbemühungen der
Regierung.
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