Zurzeit wird das
Baselbiet mit Initiativen zum Bildungswesen regelrecht überflutet. Doch nicht
jede der Initiativen ist über alle Zweifel erhaben. Selbst der Lehrerverein
erkennt ein Problem seiner Initiative – ein anderes bleibt aber bestehen.
Lehrer müssen ihre Initiative anpassen, bz Basel, 4.6. von Michael Nittnaus
Im Gegensatz zu jenen drei Initiativen zum
Bildungswesen, die am morgigen Sonntag zur Abstimmung kommen, ist aber noch nicht
bei allen klar, ob sie den Schritt an die Urne wirklich schaffen. So etwa bei
der Initiative «Bildungsqualität für alle sichern! Stopp dem Raubbau an der
Volksschule!», die der Lehrerverein Baselland (LVB) Mitte März lanciert hat.
Die bz deckte vor zwei Monaten auf, dass starke Zweifel bestünden, dass die
Initiative verfassungskonform ist. Der LVB musste am Ende zugeben, dass er sich
selbst noch nicht sicher sei. Geschäftsführer Michael Weiss kündigte damals an,
sie nochmals detailliert juristisch zu überprüfen.
Diese
Überprüfung hat nun stattgefunden, wie Weiss auf Anfrage sagt. Und siehe da:
Der LVB legt seinen Delegierten eine überarbeitete Version zur Genehmigung vor.
«Die Initiative wurde von den Experten, die wir angefragt haben,
unterschiedlich beurteilt», so Weiss. Deshalb habe man «einige
Umformulierungen» vorgenommen.
Höhere Hürde für Bildungsfragen
Zur
Erinnerung: Die Initiative fordert, dass der Landrat künftig nur noch mit einer
Zweidrittelmehrheit Änderungen an vier genau definierten Bildungsbereichen
vornehmen darf: Bei den Richt- und Höchstzahlen für Klassen, den Kosten des
Schulbetriebs, die auf die Erziehungsberechtigten übertragen werden dürfen, der
Anzahl Lektionen der handwerklichen, gestalterischen und musischen Fächer sowie
bei den Pflichtstundenzahlen und individuellen Vor- und Nachbearbeitungszeiten
der Lehrer. Dies soll im Bildungsgesetz festgeschrieben werden. Betroffen wären
alle Entscheide dieser Bereiche, egal ob sie auf Gesetzes-, Dekrets-,
Verordnungsstufe oder auf Beschluss einer der Regierung untergeordneten Instanz
anstehen.
Unter
anderem der Baselbieter Rechtsprofessor Markus Schefer mahnte in der bz, dass
ein neues Quorum wie das Zweidrittelmehr wenn, dann auf Verfassungsstufe
festgeschrieben werden müsste. Zudem sei das Quorum «systemfremd», da die vier
Bereiche kein Alleinstellungsmerkmal aufwiesen, das diese Sonderstellung
rechtfertigte. Als problematisch taxierte Schefer ausserdem, dass der Landrat
so über Verordnungen entscheiden würde. Diese sind eigentlich Regierungssache.
Rechtsprofessor bleibt kritisch
Genau
dieses letzte Problem hat der LVB nun auch erkannt: «Die Vermischung der
gesetzgeberischen Ebenen könnte rechtlich unzulässig sein und sollte daher
vermieden werden», schreibt Weiss in der Erklärung zur neuen Fassung. Die
Lösung: Jene zwei der vier Bereiche, die zurzeit noch in der Kompetenz der
Regierung oder des Bildungsrates liegen, sollen neu auf Dekretsebene verankert
werden. Denn dafür ist der Landrat zuständig. Dies betrifft die Anzahl
Lektionen der handwerklichen, gestalterischen und musischen Fächer sowie die
Pflichtstundenzahlen und individuellen Vor- und Nachbearbeitungszeiten der
Lehrer.
Nicht
rütteln möchte der LVB dagegen an der Forderung eines Zweidrittelmehrs. Dies
sei laut ihrer Abklärung unbedenklich und für die Initiative «von zentraler
Bedeutung». Nur so könne ein effektiver Schutz der vier definierten Bereiche
gewährleistet werden. Von der bz auf die Änderungen angesprochen, zeigt sich
Schefer weiterhin kritisch: «Das Problem bei der Gewaltentrennung würde mit der
Verschiebung ins Dekret zwar tatsächlich behoben», sagt er, «doch wird das
ganze Konstrukt dadurch noch widersprüchlicher.» Schliesslich würden in
Dekreten explizit Regelungen festgehalten, die zu wenig wichtig oder zu
detailliert fürs Gesetz oder gar die Verfassung seien. Schefers
Schlussfolgerung: «Wenn also etwas extra im Dekret geregelt werden soll, dann
rechtfertigt das erst recht kein spezielles Quorum bei den
Landratsabstimmungen.» Wie schon bei seiner letzten Einschätzung kommt für
Schefer nur infrage, alles auf Verfassungsstufe zu regeln. Aber: «Es wäre
natürlich absurd, Lektionenzahlen in die Verfassung zu schreiben.»
Landeskanzlei stützt Lehrerverein
Weiss
vom LVB gibt sich dennoch zuversichtlich, dass der kantonale Rechtsdienst die
Initiative für rechtsgültig erklärt, sobald die nötigen Unterschriften
gesammelt sind und die Initiative offiziell eingereicht ist. «Eine hundertprozentige
Sicherheit gibt es natürlich nie, aber wir haben alle nötigen Schritte dafür
unternommen, dass es klappt.» Unter anderem habe man auch die Landeskanzlei um
eine unverbindliche Einschätzung gebeten. Dieser sei das Quorum unproblematisch
erschienen. Weiss sagt aber auch: «Das Problem der verschiedenen Ebenen wird
immer auf Kritik stossen. Eine optimale Lösung gibt es nicht.»
Der
LVB weiss, dass die Initiative sehr weit geht: «Durch die Ergänzungen wächst
die Gefahr, dass sie als überrissen angesehen wird», so Weiss. Deshalb werden
zwei Dinge abgeschwächt: Erstens soll nur noch die Gesamtzahl der Lektionen der
kreativen Fächer durchs Quorum geschützt sein, was Verschiebungen innerhalb
ermöglicht. Und zweitens wird nicht mehr die Anzahl Pflichtlektionen, sondern
nur noch die Vor- und Nachbereitungszeit der Lehrer geschützt. Weiss: «Damit
zeigen wir, dass es uns nicht bloss um die Eigeninteressen der Lehrer geht.»
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