Bundesintervention in Sprachenfrage birgt "erhebliche Risiken"
Im Sprachenstreit wehren sich die Kantone gegen
ein Eingreifen des Bundesrats. Eine Volksabstimmung darüber könnte zu einer
«nationalen Zerreissprobe» werden, warnen sie in einem Brief an Innenminister
Alain Berset. Dieser lässt bereits eine Vorlage vorbereiten.
Alain Berset will, dass Französisch unbedingt bereits an der Primarschule unterrichtet wird, Bild: sda
Sprachenstreit: Kantone wehren sich gegen Eingreifen des Bundesrats, Tageswoche, 28.6.
Im Brief
mahnt die Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), eine
Intervention durch den Bund in der Sprachenfrage bringe «erhebliche Risiken».
Sie plädiert daher für «Sachlichkeit und Gelassenheit» in der laufenden
Diskussion.
Nach
Ansicht der EDK sind die Kantone auf gutem Weg. Die Kantone hätte gezeigt, dass
sie willens und in der Lage seien, den Harmonisierungsauftrag der
Bundesverfassung zu erfüllen, heisst es im auf der EDK-Webseite
veröffentlichten Brief.
Alle
Kantone seien bestrebt, im Unterricht der Landessprachen eine hohe Qualität zu
erreichen. Die EDK halte an ihrer Sprachenstrategie fest, stellt sie einmal
mehr klar. Diese sieht vor, dass in der Primarschule zwei Fremdsprachen gelehrt
werden sollen. In mehreren Kantonen wird diese Strategie allerdings in Frage
gestellt.
Berset will Machtwort sprechen
Innenminister
Berset hatte wiederholt betont, dass der Bund ein Machtwort sprechen würde,
sollte ein Kanton definitiv beschliessen, eine zweite Landessprache nicht in
der Primarschule zu unterrichten. In einem Brief an die EDK schrieb er Anfang
März, angesichts der Bestrebungen in verschiedenen Deutschschweizer Kantone
scheine das Ziel einer Harmonisierung des Fremdsprachenunterrichts «konkret
gefährdet» zu sein.
Die
Anzeichen verdichteten sich, dass der Zeitpunkt für ein Eingreifen näher
gerückt sei, hiess es weiter. Berset hat dem Bundesamt für Kultur (BAK) daher
bereits den Auftrag erteilt, eine Vernehmlassungsvorlage zu einer
entsprechenden Änderung des Sprachengesetzes vorzubereiten.
Diese
Arbeiten sind noch im Gange, wie es beim Innendepartement (EDI) am Dienstag auf
Anfrage hiess. Den Brief der EDK habe man erhalten. Ob sich der Bund von den
Argumenten der EDK überzeugen lässt, ist noch offen: Man werde das Schreiben
nun analysieren, hiess es lediglich.
Kein Frühfranzösisch im Thurgau
Der
Sprachenstreit schwelt bereits seit längerem. Angeheizt wurde er zuletzt durch
den Kanton Thurgau: Die Regierung schickte im Frühling den neuen Lehrplan der
Volksschule in die Vernehmlassung, der keinen Französischunterricht in der in
der Primarschule mehr vorsieht.
In
den Kantonen Zürich und Luzern sind entsprechende Initiativen hängig. Zudem hat
der Kanton Glarus beschlossen, Französisch in der Real- und Oberschule nur als
Wahlfach anzubieten. Vor allem in der Westschweiz ist die Empörung über diese
Entwicklungen gross.
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