24. Mai 2016

Wer krempelt die Schule um?

30 Kantonsräte wagten es, gegen den Strom der Regierung und der Medien zu schwimmen und der Initiative für einen HarmoS-Austritt zuzustimmen. Da es während der Kantonsratsdebatte und den Veröffentlichungen dazu falsche Vorwürfe gegenüber den Initianten gab, veröffentlicht der Verein für eine Starke Volksschule folgende Richtigstellungen:
Wichtige Richtigstellungen, Medienmitteilung Starke Volksschule St. Gallen, 23.5.

Wer krempelt die Schule um?
Die neusten Ankündigungen von Schulreformen (Notenabbau) durch den Erziehungsrat bestätigen die längst bekannte Tatsache: Nicht die Initianten krempeln die Schule um – sie wollen, dass man sich auf Bewährtes besinnt.

Das HarmoS-Konkordat hingegen, der darauf aufbauende Lehrplan 21 und die darauf hinführenden Reformen der letzten 30 Jahre führen leider zu einem untauglichen Lehr- und Lernverständnis. Dazu gehören die schleichende Abschaffung des Kindergartens durch die Einführung von Zyklen, die Abschaffung der Jahresziele, die Individualisierung des Unterrichts mit selbstorganisiertem Lernen und damit die bewusst geförderte Heterogenität in den Schulklassen. Deswegen benötigen viele Kinder – für die Lehrer schlicht nicht umsetzbar – vermehrt spezielle Unterstützung. Ebenso beklagen wir die Degradierung des Lehrers zum Coach, die zunehmende „Testerei“ sowie das verfehlte Fremdsprachenkonzept. Die bedeutsamen Forschungen der Dozentin Dr. Simone Pfenninger an der Universität Zürich zeigen nämlich, dass die Vor- und Nachteile des eingeführten Fremdsprachenkonzepts differenzierter betrachtet werden müssen und spätere Einführungen durchaus Sinn machen, wie es Appenzell Innerrhoden und der Thurgau auch schon richtigerweise praktizieren.

Neu sollen nun auch die Noten Eins und Zwei abgeschafft werden und wie Herr Florian Sauer im Tagblatt vom 13. Mai schreibt, nur noch ganze Noten gegeben werden. Es wird darauf hingearbeitet, Noten zu ersetzen durch schwammige Beschreibungen der Kompetenzen der Schüler – eine weitere Reform, welche weder vom Volk noch von den Lehrpersonen gewollt ist. Diese Neuerungen werden die Beurteilung für Lehrbetriebe weiter erschweren. Spätestens hier müssten die KMUs hellhörig werden.

Wir stellen zudem fest, dass diese Reformen vermehrt schwächere Schüler benachteiligen. Ferner ist der Fächerkatalog in den letzten Jahren, insbesondere an der Mittelstufe, ausgedehnt worden, womit Grundlagenfächern wie Deutsch und Rechnen immer weniger Lektionen zur Verfügung stehen. Sammelfächer sind auch keine Lösung, denn diese erschweren schlussendlich ein tiefergehendes Verständnis und Wissen – zum Beispiel in Geschichte und Geographie.

Wer gefährdet den Föderalismus?
Den Initianten wird unterstellt, der Föderalismus würde durch einen HarmoS-Austritt gefährdet und das Einschreiten des Bundes provoziert. Dies ist eine haltlose Behauptung. Gemäss der EDK sind die Harmonisierungsbestrebungen nach den Vorgaben der Bundesverfassung erfüllt. Mit dem HarmoS-Austritt stärken wir sogar die Volksrechte und ermöglichen eigenständigere Lösungen, z.B. die Aufhebung des Zwangs zu zwei Fremdsprachen in der Primarschule.

Weiter sehen wir uns durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Graubünden vom 11. Mai 2016 bestätigt. Dieses hat eine von der Bündner Regierung und vom Grossen Rat (Kantonsrat) abgelehnte Initiative für nur eine Fremdsprache an der Primarschule für gültig erklärt. In der Begründung wird ausgeführt, dass weder das Sprachengesetz noch die Bundesverfassung in der Primarschule zwei Frühfremdsprachen vorschreibe. Dies kann von jedermann nachgelesen werden. Zuvor hatten das Gutachten von Prof. Ehrenzeller, das Verwaltungsgericht St.Gallen und die St.Galler Regierung Gegenteiliges behauptet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Graubünden ist rechtskräftig.

Wofür setzt sich der Verein für eine Starke Volksschule ein?
Der Verein für eine Starke Volkschule bezweckt, dass in der Schule endlich wieder in Ruhe gearbeitet werden kann ohne dauernden bürokratischen Reformzwang und dass bei der Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer der Fokus wieder auf die fachliche Wissensvermittlung gelegt wird und nicht auf ausufernde (Selbst-) Reflektionen.
In der Broschüre „Einspruch“ wird die Rolle des Lehrers von Roland Reichenbach, Professor für Pädagogik an der Universität Zürich, treffend definiert: „Es gibt keine guten Schulen ohne gute Lehrpersonen. Und diese Lehrpersonen müssen den Schülerinnen und Schülern klar machen. Erstens: Was du hier lernst, ist wirklich wichtig. Zweitens: Mir ist es ein Anliegen, dass du das lernst. Drittens: Ich glaube fest daran, dass du das schaffst. Und viertens: Ich werde dir dabei helfen und dich unterstützen.“ Die Volksschule ist den Eltern und Kindern und allen Bürgerinnen und Bürgern verpflichtet. Sie muss wieder Sache von uns allen werden! Einen ersten Schritt zu mehr demokratischer Mitbestimmung in der Volksschule ermöglicht die Initiative „Ja zum Ausstieg aus dem Harmos-Konkordat!“

Veranstaltung
Insbesondere weist der Verein auf eine informative Veranstaltung zum Thema „HarmoS und seine Folgen“ vom 1. Juni in der Fachhochschule St.Gallen hin. Interessierte sind herzlich eingeladen. Die Veranstaltung beginnt um 19.00 Uhr mit den versierten Referenten Alain Pichard, Sekundar- und Realschullehrer und Dr. phil. Beat Kissling, Erziehungswissenschaftler und Hochschuldozent. Die Fachhochschule befindet sich direkt beim Bahnhof St.Gallen an der Rosenbergstrasse 59.


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