25. Mai 2016

Kleines Argumentarium zur Vernehmlassung zum Zürcher Lehrplan 21

Welche Änderungen greifen direkt in den Schulalltag ein?   

·        Überladene Lektionentafel für die Mittelstufe
Ein randvolles Bildungsprogramm mit 31 Lektionen Unterricht und erweiterten Zielsetzungen bringt unnötige Hektik in die fünften und sechsten Klassen.
All das sollen Primarschüler zusätzlich lernen: Informatik und Medienkunde, mehr Natur und Technik, mehr Französisch

·        Stures Festhalten am gescheiterten Fremdsprachenkonzept
Obwohl wegen der neuen Fächer kein Platz mehr da ist für zwei Fremdsprachen, wird eisern an der zweiten Fremdsprache festgehalten und diese sogar um eine Wochenlektion aufgestockt.
Die vom LCH geforderten „besseren Gelingensbedingungen" für den Fremdsprachenunterricht (kleinere Lerngruppen) bleiben schöne Worte.
Zudem verursacht die Ausbildung der Lehrpersonen für frühes Sprachenlernen unverhältnismässig hohe Kosten.
Kleines Argumentarium zur Vernehmlassung zum Zürcher Lehrplan 21, zusammengestellt von Hanspeter Amstutz, 25.5.

·        Abbau des Halbklassenunterrichts
Weniger Unterricht in Halbklassen bedeutet für die heterogenen Primarschulklassen eine deutliche Verschlechterung der schulischen Rahmenbedingungen.
 Um bei voller Kostenneutralität mehr Fächer unterrichten zu können, wären zusätzliche finanzielle Mittel nötig. Doch diese Möglichkeit ist bei der gegenwärtigen Finanzlage weitgehend Wunschdenken.
Wenn die Lehrerverbände diese politische Tatsache weiterhin negieren, helfen sie mit, dass das Geld für die Bildung am falschen Ort ausgegeben wird.

·        Abbau von Handarbeitslektionen
Statt die zweite Fremdsprache aus der völlig überladenen Lektionentafel der Mittelstufe herauszunehmen, werden Handarbeitslektionen gestrichen. Diese sollen zum Teil im Ganzklassenunterricht erteilt werden.
Die anstelle der gestrichenen Handarbeitslektionen eingeführten Fächer sind eher kognitiver Natur und machen die Primarschule noch kopflastiger.
Der Erwartungsdruck auf die Mittelstufe nimmt weiter zu.

·        36 Wochenlektionen im achten Schuljahr
Die Lektionentafel der Oberstufe ist unflexibel und teilweise völlig überladen.
Es fehlt der Mut für eine entlastende Mini-Wahlfachlektionentafel im 8. Schuljahr
(z. B. Abwahlmöglichkeit der zweiten Fremdsprache).
Da Französisch in der Primarschule noch stärker gewichtet werden soll, wird der Französischunterricht auf der Oberstufe auf fragwürdige 3 Lektionen reduziert.
Das unnötige Sammelfach NMG (Natur Mensch Gesellschaft) setzt das bisherige Fach Geschichte zeitlich unter erheblichen Druck.

Was kommt noch auf unsere Schule zu?
(Fragen, welche in der Vernehmlassung ausgeklammert werden)

·        Offene Fragen zur Gestaltung der künftigen Zeugnisse
 Wieweit kann ein weiterhin gut lesbares Zeugnis den individuellen Lernstand der Schüler in jedem einzelnen Fach genau abbilden?
Die Philosophie des LP21 sieht einen hohen Grad an Individualisierung bei den Lernprozessen vor. Wie dies im Zeugnis abgebildet werden könnte, ist höchst umstritten. Die Diskussion um die Noten zeigt, dass die Vorstellungen der Bildungsplaner bei der Frage der Schülerbeurteilung arg ins Wanken geraten sind.

·        Umstrittener Paradigmenwechsel zu neuen Lernformen
Das Lehrplankonzept setzt verstärkt auf individuelle Zielsetzungen beim Erwerb der Kompetenzen. Das Erreichen der Kompetenzziele  soll bei jedem Schüler in seinem ihm entsprechenden Lerntempo und in weitgehend vorgegebenen Teilschritten erfolgen. Auf Jahresziele wird verzichtet, was die Heterogenität in den Klassen vergrössert.
Dass der deutlich erhöhte Stellenwert des individualisierenden Lernens  langfristig Auswirkungen auf die Schulkultur haben wird, indem bestimmte Lernformen sich geradezu aufdrängen, ist nicht aus der Luft gegriffen.
Der zuerst offen verkündete und dann wieder abgestrittene Paradigmenwechsel bedeutet einen grossen Einschnitt in unsere Volksschule. Für diesen umstrittenen Schritt vom grünen Tisch aus aber fehlt dem neuen Lehrplan die pädagogische und politische Legitimation.

·         Mehr Bildung fürs Geld! 
Die Kosten für fragwürdige Reformen wie die Einführung der Sammelfächer oder das             Monitoring können nicht exakt genannt werden.                                                       
Die Entwicklung völlig neuer Lehrmittel für die systemwidrigen Sammelfächer der Oberstufe ist sehr kostspielig. Die Entwicklungskosten werden letztlich die Schulgemeinden bezahlen, welche die Bücher anschaffen müssen.
Mit dem verstärkten Vermessen von Schülerleistungen wird unweigerlich ein Ausbau des Verwaltungsbereichs (Controlling) in die Wege geleitet.
Das aufwändige Fremdsprachenkonzept für die Primarschule belastet die Lehrerbildung finanziell und zeitlich in hohem Mass.
Fragwürdig bleiben auch die Kosten für die Einführung der Lehrpersonen in den neuen Lehrplan. Eigentlich müsste ein verständlicher Lehrplan, der ja nur wenig an der  Schulführung verändern soll, keine grösseren Einführungskosten verursachen.

Hanspeter Amstutz



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