Koran-Verteilaktion in Zürich 2013, Bild: SRF
Ostschweizer Kinder sollen Islamunterricht erhalten, 20 Minuten, 5.3.
Der Arboner Dschihadist A. A.* (21) war bis vor zwei Jahren noch ein
normaler Jugendlicher, der gerne Fussball spielte und sich die Augenbrauen zupfte.
Bis er sich vor zwei Jahren zu radikalisieren begann. Kollegen berichten, dass
er immer extremistischer wurde. So habe er beispielsweise mit dem Musikhören
aufgehört, weil der Islam dies verbiete. Der Kofferraum seines Autos war voller
Korane, die er an Standaktionen in grossen Städten verteilte.
Bei der Stadt Arbon hat man von der Radikalisierung A.s offenbar nichts
mitbekommen. «Dass sich ein Arboner im Kriegsgebiet in Syrien befindet, haben
wir von Journalisten erfahren», so Stadtpräsident Andreas Balg. «Wenn wir
vorher etwas gewusst hätten, wären umgehend die Strafverfolgungsbehörden
informiert worden.» A. A. ist auf Behördenseiten ein unbeschriebenes Blatt.
Um die Integration von Ausländern und Andersgläubigen zu fördern, führt
Arbon seit Jahren das Programm Respektstadt. Damit soll die Integration
gefördert und indirekt auch verhindert werden, dass jemand radikalisiert wird.
«Prävention sollte früher beginnen»
«Von aussen bekommt man es kaum mit, wenn sich jemand radikalisiert, den
man nicht sehr gut kennt», so Stadtparlamentarier Atakan Özçelebi (SP), der A.
vom Sehen kennt und über die News zum Arboner schockiert ist. «In der Regel
ziehen sich radikalisierende Leute langsam zurück, weil sich die Interessen
verschieben.» Deshalb sei es schwierig, von aussen die schleichende Entwicklung
mitzubekommen, bevor es zu spät ist. «Normalerweise nehmen sich ältere Türken
junge Heisssporne zur Brust. Doch offenbar konnte niemand A. davon abhalten,
nach Syrien zu reisen», so Özçelebi.
Für ihn ist klar, dass präventive Massnahmen viel früher stattfinden
sollten. Er empfiehlt, islamischen Religionsunterricht für Muslime in der
Volksschule einzuführen. «Wenn den Kindern ein gemässigter Islam auf Deutsch in
der Schule beigebracht wird, sind sie viel weniger empfänglich für radikale
Ansichten und können mit ihrem Wissen extremistischem Gedankengut Paroli
bieten», so Özçelebi. In Kreuzlingen wird das bereits so gehalten. An der Primarschule
kommen 90 Schüler in den Genuss von islamischem Religionsunterricht auf
Deutsch.
Rehan Neziri, islamischer Religionslehrer in Kreuzlingen, ist überzeugt,
dass dieser vorbeugend wirkt: «Unser Unterricht ist auch als Aufklärung und
Prävention gedacht.» An der Kreuzlinger Primarschule wird ein gemässigter Islam
mit offiziellen Lehrmitteln aus Deutschland unterrichtet. Im Unterricht würden
auch Behauptungen, die die Schüler im Internet finden oder von zu Hause
mitbekommen, diskutiert, richtiggestellt und eingeordnet. «So können wir
falsche und radikale Tendenzen abfedern», so Neziri.
* Name geändert
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