Als «geheimbündlerisch» und «undemokratisch» wurde die
Entstehungsgeschichte des Lehrplans 21 von allem Anfang an kritisiert. Auch von
Sozialdemokraten. Gestern verteidigten die Genossen jedoch den harmonisierten
Deutschschweizer Lehrplan im Baselbieter Landrat geschlossen. Die sture
Weigerung, über den Lehrplan 21 im Parlament und vielleicht dereinst gar im
Volk zu diskutieren, bestätigt die Vorwürfe, mit denen der Lehrplan 21 von
allem Anfang an eingedeckt wurde: «geheimbündlerisch» und «undemokratisch».
Quelle: Basler Zeitung, 3.10. von Thomas Dähler
Damit
ist jetzt mindestens im Baselbiet Schluss. Seit gestern ist dank dem Ja zu zwei
Parlamentarischen Initiativen das Parlament am Drücker. Der Landrat hat es in
der Hand, sich die Entscheidungsbefugnis zum neuen Lehrplan zu geben und
unerwünschte Auswüchse zu unterbinden – notfalls mit dem Segen des Stimmvolks.
Wenn der Lehrplan denn einmal auch tatsächlich von der Deutschschweizer
Erziehungsdirektorenkonferenz verabschiedet ist, soll er nicht bloss von den
Experten und dem von Bildungsdirektor Urs Wüthrich präsidierten Bildungsrat
abgenickt werden.
Die
Experten befürchten zu Recht, dass gewöhnliche Parlamentarier oder Stimmberechtigte
die im Lehrplan geforderten Schulkompetenzen mit gesundem Menschenverstand
beurteilen. Und möglicherweise nicht verstehen, weshalb Schüler künftig «ihr
Leseinteresse reflektieren» sollen statt einfach lesen zu lernen. Nicht
begreifen, weshalb künftig statt Geschichte zwingend das neue Sammelfach
«Räume, Zeiten, Gesellschaften» auf dem Stundenplan stehen soll.
Der
Baselbieter Landrat erhält mit dem gestrigen Entscheid die Chance, die
abgehobene Diskussion über die Bildungsharmonisierung wieder auf den Boden der
Realität zurückzuführen. Die Schule muss mit der Harmonisierung nicht neu
erfunden werden. Experten müssen uns nicht weismachen, dass es künftig überall
die gleichen Lernoasen für einen erfolgreichen Schulabschluss braucht. Und die
Experten sollen auch nicht darüber entscheiden, ob alle Geschichtslehrer jetzt
eine Zusatzausbildung in Geografie bezahlt bekommen müssen, um weiter
unterrichten zu dürfen. Dass die Kantone ihre Bildungssysteme aneinander
angleichen, ist unbestritten. Aber dass sie dafür auch ein ideologisch
belastetes Lernprogramm aufgedrückt bekommen sollen, ist demokratisch nicht
legitimiert. Es ist Zeit, dass auch die Bildungsexperten merken, dass sich die
Schule nicht «geheimbündlerisch» an den demokratischen Institutionen vorbeireformieren
lässt.
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