3. Oktober 2014

Keine geheimen Schulreformen

Thomas Dähler kommentiert den Entscheid des Baselbieter Landrats, beim Lehrplan 21 mitreden zu wollen.
Als «geheimbündlerisch» und «undemokratisch» wurde die Entstehungsgeschichte des Lehrplans 21 von allem Anfang an kritisiert. Auch von Sozialdemokraten. Gestern verteidigten die Genossen jedoch den harmonisierten Deutschschweizer Lehrplan im Baselbieter Landrat geschlossen. Die sture Weigerung, über den Lehrplan 21 im Parlament und vielleicht dereinst gar im Volk zu diskutieren, bestätigt die Vorwürfe, mit denen der Lehrplan 21 von allem Anfang an eingedeckt wurde: «geheimbündlerisch» und «undemokratisch».
Quelle: Basler Zeitung, 3.10. von Thomas Dähler


Damit ist jetzt mindestens im Baselbiet Schluss. Seit gestern ist dank dem Ja zu zwei Parlamentarischen Initiativen das Parlament am Drücker. Der Landrat hat es in der Hand, sich die Entscheidungsbefugnis zum neuen Lehrplan zu geben und unerwünschte Auswüchse zu unterbinden – notfalls mit dem Segen des Stimmvolks. Wenn der Lehrplan denn einmal auch tatsächlich von der Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz verabschiedet ist, soll er nicht bloss von den Experten und dem von Bildungsdirektor Urs Wüthrich präsidierten Bildungsrat abgenickt werden.
Die Experten befürchten zu Recht, dass gewöhnliche Parlamentarier oder Stimmberechtigte die im Lehrplan geforderten Schulkompetenzen mit gesundem Menschenverstand beurteilen. Und möglicherweise nicht verstehen, weshalb Schüler künftig «ihr Leseinteresse reflektieren» sollen statt einfach lesen zu lernen. Nicht begreifen, weshalb künftig statt Geschichte zwingend das neue Sammelfach «Räume, Zeiten, Gesellschaften» auf dem Stundenplan stehen soll.

Der Baselbieter Landrat erhält mit dem gestrigen Entscheid die Chance, die abgehobene Diskussion über die Bildungsharmonisierung wieder auf den Boden der Realität zurückzuführen. Die Schule muss mit der Harmonisierung nicht neu erfunden werden. Experten müssen uns nicht weismachen, dass es künftig überall die gleichen Lernoasen für einen erfolgreichen Schulabschluss braucht. Und die Experten sollen auch nicht darüber entscheiden, ob alle Geschichtslehrer jetzt eine Zusatzausbildung in Geografie bezahlt bekommen müssen, um weiter unterrichten zu dürfen. Dass die Kantone ihre Bildungssysteme aneinander angleichen, ist unbestritten. Aber dass sie dafür auch ein ideologisch belastetes Lernprogramm aufgedrückt bekommen sollen, ist demokratisch nicht legitimiert. Es ist Zeit, dass auch die Bildungsexperten merken, dass sich die Schule nicht «geheimbündlerisch» an den demokratischen Institutionen vorbeireformieren lässt.

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