"Die Papiere des ED gehören in den Schredder", Bild: Basler Zeitung
Vermieste Ferien für viele Lehrkräfte, Basler Zeitung, 16.7. von Urs Müller
Während des Achtelfinalspiels Argentinien–Schweiz informierte das
Erziehungsdepartement (ED) die Schulleitungen und Schulräte über die Systemevaluation
der integrativen Volksschule Basel-Stadt. Eine glänzende Idee! Immerhin wurden
dann die Medien zu einem anderen Zeitpunkt informiert. Der Bericht der Herren
Professoren aus Zürich ist wieder einmal ein Prachtbeispiel eines
Gefälligkeitsgutachtens. Das ED und insbesondere die Volksschulleitung sind ja
seit je überzeugt, dass der ED-Weg in Sachen Integration der einzig richtige
ist. Also brauchen wir nur zwei Professoren zu finden, welche dem Basler Weg
der integrativen Volksschule wohlgesinnt sind. Damit die Lehrkräfte möglichst
schweigen, legen wir die Berichterstattung so vor die Sommerschulferien, dass
sie in die unterrichtsfreie Zeit fällt. So fällt es viel schwerer zu reagieren.
So viel zur Mitsprache der betroffenen Lehrkräfte.
Ich
weiss, die Wut ist teilweise gross unter den Lehrkräften, da spielt es kaum eine
Rolle, ob diese die Vorgaben des ED gut finden oder nicht. Diese Form von
Umgang mit Lehrkräften wird schlicht nicht goutiert. Von oben nach unten wird
diktiert, was an der harmonisierten Schule alles zu geschehen hat.
Harmonisieren, kontrollieren und evaluieren, was das Zeug hält. Wenn nur die
Volksschulleitung gut dasteht. Ja, nun folgt der Lehrplan 21 sogleich.
Vertrauen, dass die Lehrkräfte gute Arbeit leisten, scheint manchmal an der
Leimenstrasse, wo das ED beheimatet ist, zu fehlen.
Niemand
ist grundsätzlich gegen Integration möglichst vieler Schulkinder in die Gefässe
der Volksschule. Von links bis rechts, allerdings zum Teil aus
unterschiedlichsten Gründen, wissen alle: Integrationsbemühungen haben ihre
Grenzen. Wenn die Herren Professoren schreiben, die Ressourcen für die
integrativen Schulen seien gut und ausreichend, dann glauben diese Herren den
betreffenden Papieren mehr und haben kaum vertiefte Gespräche mit involvierten
Lehrkräften geführt. Leider ist dies so. Zumindest ich habe beim Lesen
nirgends einen Hinweis gefunden, dass mit den jetzt involvierten Lehrkräften an
der OS das Gespräch gesucht wurde. Mit 100 Vor-Praktikantinnen und
-Praktikanten soll die integrative Schule unterstützt werden. Die
Heilpädagoginnen und Heilpädagogen, aber auch die Klassenlehrkräfte müssen
schulfremde Personen ohne berufliche Qualifikation begleiten, welche gleich
heilpädagogisch tätig sein sollten. Selbst die Professoren stellen fest: «Im
Gegensatz zu sämtlichen anderen Reformprojekten bedeutet integrative Schulung
potenziell jeden Tag neue Beanspruchungen. Das macht es schwer, sich im Alltag
damit zu arrangieren. Das ED unterschätzt tendenziell, was dies für die
Lehrpersonen heisst.»
Hier
ist die Gefahr gross, dass die Vorpraktikanten zu reinen Hütepersonen werden.
Dies ist wohl nicht die Idee, aber eher die Realität im Alltag. Bis vor Kurzem
haben die Spezialangebote viele dieser Schülerinnen und Schüler in kleineren
Lerngruppen geschult, wo auch soziales Lernen möglich war. Aber jetzt, wo alles
integriert werden soll, bleibt genau diese heilpädagogische Lernform auf der
Strecke.
Selbst
die Papiere des ED werden von den Professoren heftig infrage gestellt: «Die
schiere Menge der Papiere, die rund um die integrative Schule in Verteilung
ist, ist von den Adressaten nicht in vernünftiger Qualität bearbeitbar. Die
meisten Papiere senden mehrdeutige Botschaften, zum einen als Vorgaben, zum
anderen als pädagogisch gehaltvoll: Letzteren Punkt lösen sie häufig nicht
ein.» Hier kann man auch schlicht sagen: Diese Papiere gehören in den
Schredder, als Altpapier nützt wenigstens das Papier noch was. Liebe
Volksschulleitung, mit diesem Papier der Professoren aus Zürich leisten Sie der
integrativen Schule einen Bärendienst. Wenn Sie es wissen wollen, fragen Sie
doch die Lehrpersonen, welche hier in Basel reiche Erfahrung haben. Dies ist
viel billiger und erst noch zielführender.
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