In der Sekudarlehrerausbildung wird mehr Wissen gefragt, Bild: Colourbox
Die Pädagogische Hochschule Nordwestschweiz muss Lehre und Praxis stärker gewichten, Basler Zeitung, 20.6. von Thomas Dähler
Die Pädagogische Hochschule (PH) der Fachhochschule
Nordwestschweiz (FHNW) geht bei der Lehrerausbildung über die Bücher.
«Wissenschaft und Forschung sind zu stark gewichtet, Lehre und Praxis sollen
verbessert werden», sagt Hans Georg Signer, Leiter des Fachhochschulrat-
Ausschusses. Unterstützung erhält er auch von den Kritikern der heutigen
Ausbildung an der PH. Signer, der im Erziehungsdepartement des Kantons
Basel-Stadt für die Mittelschulen und die Berufsbildung verantwortlich zeichnet,
hat zusammen mit den vier weiteren Mitgliedern des Fachhochschulrat-
Ausschusses einen umfangreichen Bericht erarbeitet, der die
Verbesserungsmöglichkeiten aufzeigt.
Verantwortet
wird der Bericht von einem fünfköpfigen Ausschuss, dem neben Signer FHNW-Direktionspräsident
Crispino Bergamaschi, Psychologie-Professor Linus Marcello Schumacher,
Ständerätin Christine Egerszegi und die frühere Riehener Gemeinderätin Maria
Iselin angehören. Bis Ende Jahr wird der Fachhochschulrat die geforderten
strategischen Anpassungen vornehmen. Parallel dazu muss die PH die Erkenntnisse
operativ umsetzen.
Insgesamt positiv beurteilt
Ausgelöst
haben die kritische Überprüfung die verschiedenen politischen Vorstösse in den
Kantonsparlamenten, Rückmeldungen aus den Schulen sowie eine Umfrage bei den
Dozenten der PH. Der Ausschuss führte in der Folge zu 13 konkreten Bereichen
umfangreiche Hearings durch, prüfte die Studiendokumentationen der PH und
stellte Vergleiche zu anderen Fachhochschulen an. Dabei wurde die
Lehrerausbildung insgesamt positiv beurteilt. Nicht infrage gestellt wurde
insbesondere die Ausrichtung der PH der vier Kantone auf Lehre, Wissenschaft
und Berufspraxis. «Wir wollen auf keinen Fall zur Ausbildung in den
Lehrerseminaren zurückkehren, und wir wollen auch in Zukunft die Ausbildung
nicht wieder kantonal verschieden gestalten», nimmt Signer klar Stellung.
Es
dürfe bei der Ausbildung aber keine Hierarchie geben, die einseitig der
Wissenschaft vor Lehre und Berufspraxis den Vorzug gebe. Die drei Bereiche
müssten einen gleich hohen Stellenwert haben: «Eine gute Ausbildung der Lehrer
entsteht aus der Verknüpfung der verschiedenen Aspekte.» Signer kritisiert:
«Die Relation stimmt heute nicht mehr.» Deshalb müsse die zu starke Gewichtung
von Wissenschaft und Forschung korrigiert werden. Der Ausschuss schlägt vor,
die Einrichtung einer berufspraktischen Professur zu prüfen.
Verbesserungspotenzial sieht Signer auch beim Studienaufbau: «Die Reihenfolge
der einzelnen Teile muss verbessert und die Module müssen kohärenter aufeinander
abgestimmt werden.»
Praxis besser verankern
Jürg
Wiedemann, Baselbieter Landrat und einer der erklärten Kritiker der PH,
begrüsst grundsätzlich die Kernaussagen des Berichts. Studierende hätten ihm
die georteten Defizite bestätigt. «Auf der Primarstufe braucht es eine bessere
Verankerung der Praxis im Studium», ist Wiedemann überzeugt.
Bei
der Sekundarlehrerausbildung hingegen komme vor allem die Lehre zu kurz.
Wiedemann meint dezidiert: «Die Fachausbildung ist ungenügend, weil ihr Anteil
am Studium heute deutlich zu gering ist.» Demgegenüber verweist Signer auf den
Bericht, der die PH der FHNW auch beim integrierten Studiengang auf dem zweiten
Platz hinter der Universität Freiburg sieht.
Unterstützung
erhält der Bericht des Fachhochschulrat-Ausschusses auch vom VPOD Region Basel.
Dieser ist mit der grundsätzlichen Ausrichtung des Berichts einverstanden.
Gewerkschaftssekretärin Kerstin Wenk kritisiert jedoch den Umgang mit den
Praxislehrkräften. Dass es heute an Praktikumslehrern mangle, sei hausgemacht.
Es herrsche ein organisatorisches Chaos, und eine Qualitätssicherung finde
nicht statt. Leider gehe auch der Bericht des Fachhochschulrat-Ausschusses
geringschätzig mit den Praxislehrkräften um. Bei den Praktika sei es nie um ein
«Sitting by Nelly» und das Erlernen von Rezepten gegangen, wie es der Bericht
vermerke.
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