Graubünden ist der einzige
Kanton mit drei Amtssprachen. Und hin und wieder flammen Diskussionen um eine
genügende Berücksichtigung des Romanischen und Italienischen auf. Nun zeichnet
sich ein neues Seilziehen ab: Diese Woche ist die im Mai lancierte
Volksinitiative «Nur eine Fremdsprache in der Primarschule» mit den notwendigen
3000 Unterschriften zustande gekommen. Viele Kinder seien mit Frühitalienisch
ab der dritten Klasse und Frühenglisch ab der fünften überfordert, sagt
Hauptinitiant Jöri Luzi, Primarlehrer aus Klosters. Er findet viel
Unterstützung seitens bekannter Wirtschaftsvertreter. Denn gemäss den
Initianten sind die muttersprachlichen Kenntnisse etlicher Schulabgänger so
mangelhaft, dass dies zu einem Nachteil für die künftigen Arbeitgeber wird. Soll
also in Deutschbünden nur noch Englisch sowie in Italienisch- und
Romanischbünden lediglich Deutsch in der Primarschule unterrichtet werden?
Damit würde das dreisprachige Bündnerland ein staatspolitisch negatives Zeichen
setzen. Deshalb wehren sich die italienisch- und romanischsprachigen
Interessenvereinigungen gegen die Initiative. Und es gäbe eine potenzielle
Komplikation, die Bildungsdirektor Martin Jäger missfällt: Nicht alle
Primarschüler wiesen denselben sprachlichen Kenntnisstand auf, was die
Zusammensetzung von Mittelstufenklassen mit Schülern aus verschiedenen Kantonsteilen
erschwerte. Zudem hätten die Jugendlichen, die aus den sprachlichen
Minderheitengebieten kommen und die Matura auf Deutsch machen müssen, dann
schlechtere Englischkenntnisse. Auch würde ein interkantonaler Schulwechsel
erschwert: In den meisten Kantonen lernen die Primarschüler zwei Fremdsprachen.
Wird er bald nur noch eine Fremdsprache in der Primarschule lernen? Bild: Fremdspracheninitiative GR
Quelle: NZZ, 19.10.
Wie immer, wenn etwas der Obrigkeit nicht passt, wird mit vielerlei manipulativen Fehlinformationen gearbeitet. Die Initianten nehmen beispielsweise grösstmögliche Rücksicht auf den Fremdsprachenunterricht in den romanisch- und italienischsprechenden Gebieten. Sie erlauben es ihnen ausdrücklich, ihr eigenes Fremdsprachenmodell zu führen. Bereits heute gibt es Unterschiede zwischen den Sprachregionen. So besuchen die Romanen keinen Italienischunterricht. Dass dies zu Schwierigkeiten in der Zusammensetzung von Gymnasiumsklassen geführt hätte, ist vollkommen aus der Luft gegriffen. Der Hinweis auf den erschwerten Schulwechsel ist ebenfalls ein Beispiel für die Argumentationsnot des verantwortlichen Departements: Italienisch ist bekanntlich in der gesamten Deutschschweiz kein Pflichtfach.
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