12. Mai 2018

Vernetzt und doch vereinsamt

Einsamkeit: eine Krankheit, die schmerzhaft, ansteckend und tödlich sein kann. Diese Diagnose macht der deutsche Hirnforscher und Psychiater Manfred Spitzer. Insbesondere soll die «heillose Unverbindlichkeit» in der Welt der unendlichen Kontaktmöglichkeiten der sozialen Medien schuld daran sein.


Grossbritannien hat seit Januar 2018 eine Einsamkeitsministerin mit dem Ziel, gegen die Vereinzelung der Bürger, gegen die «postsozialen Zustände» vorzugehen. In der Schweiz ist mehr als die Hälfte der Bevölkerung ledig, geschieden oder verwitwet. Einpersonenhaushalte sind die verbreitetste Wohnform.

Je besser es den Menschen wirtschaftlich geht, desto eigenständiger und damit auch individualistischer sind sie, so der Psychiater Manfred Spitzer. Vielfach steigt damit das Risiko der Einsamkeit. Die «Ich-AG» als Ursache für das unerwünschte Alleinsein, für eine tiefere Lebenserwartung, für ein erhöhtes Krankheitsrisiko.

Von Einsamkeit und sozialer Isolation seien nicht nur alte Menschen betroffen, sondern vor allem auch jüngere. Die Digitalisierung fördere Unzufriedenheit, Depression und Vereinsamung. Dies gelte insbesondere für Online-Netzwerke wie Facebook, Twitter, WhatsApp oder Instagram.
Die sozialen Medien als Trend zur Selbstbezogenheit. Die Generation der «Millenials», die sich überschätzt und mit einer Technologie zur optimalen Eigenwerbung aufwächst. Die perfekte Anlage zu Narzissmus und einer immer kleineren Empathie-Fähigkeit, zitiert Spitzer in seinem neuen Buch «Einsamkeit - Die unerkannte Krankheit» u.a. den amerikanischen Publizisten Christopher Orlet.

Die Einsamkeit als existentielle menschliche Erfahrung: Was macht einsam und krank in unserer digital vernetzten Gesellschaft? Was hilft gegen Einsamkeit? Kann Einsamkeit auch erfüllend sein und kreativ machen?
Unter der Leitung von Norbert Bischofberger diskutieren im «Club»:

Manfred Spitzer, Psychiater, Hirnforscher, Direktor Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Buchautor
Pasqualina Perrig-Chiello, emeritierte Professorin für Entwicklungspsychologie, Generationenforscherin
Jagoda Marinić, Schriftstellerin, Kulturmanagerin
Schwester Benedikta, Eremitin
Matthias Zehnder, freier Publizist und Medienwissenschaftler, Experte interaktive Medien und Medienphilosophie


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