22. Mai 2018

Überforderter Bildungsrat

Der Bildungsrat ist in seiner heutigen Form halb Legislative, halb Exekutive: ein Fremdkörper im demokratischen System des Kantons Baselland, dessen Zukunft der Landrat zurecht infrage stellt. Der Bildungsrat ist heute nicht demokratisch zusammengesetzt und fällt dennoch weitreichende Entscheide – Entscheide, die politisch motiviert sind und sich in der jüngsten Vergangenheit auch mal als krasse Fehlentscheide herausgestellt haben. Die Stimmberechtigten erhalten am 10. Juni an der Urne die Gelegenheit, den verpolitisierten Bildungsrat durch einen Beirat Bildung zu ersetzen.
Auffällig ist die Nein-Kampagne, welche zurzeit zur Rettung des Bildungsrats in seiner heutigen Form geführt wird. Hinter ihr stecken all jene, die heute im Bildungsrat sitzen, ihre Pfründe verteidigen und davon profitieren, Entscheide in ihrem eigenen Interesse zu fällen. Dominiert wird der heutige Bildungsrat von fünf Vertreterinnen und Vertretern von Lehrerinteressen. Keine Stimme haben hingegen die Schüler, deren Eltern, die Gemeinden und die Schulleitungen.
Dem Beirat Bildung eine Chance geben, Basler Zeitung, 19.5. von Thomas Dähler

Der jetzt vom Landrat vorgeschlagene neue Beirat Bildung korrigiert die personelle Zusammensetzung zwar nur teilweise. Für eine fachlich versiertere Zusammensetzung bürgt jedoch neu eine landrätliche Findungskommission. Und vor allem: Anders als heute wird der Beirat Bildung keine politischen Entscheide in eigener Kompetenz fällen dürfen. Stattdessen wird er seine Anträge fachlich begründen müssen, bevor sie von der Regierung definitiv verabschiedet werden. Allein diese zusätzlich eingebaute Hürde ist Grund genug, dem neuen Beirat Bildung den Vorzug zu geben.

Dass der heutige Bildungsrat interessengesteuerte Entscheide fällt, liegt im Wahlsystem dieser Sonderbehörde begründet. Die Lehrerorganisationen, Verbände und Parteien küren ihre Vertreter, die sie dann auf einer Liste dem Landrat zur Wahl vorschlagen können. Diese Liste kann der Landrat nur bewilligen oder zurückweisen. Eine ordentliche Wahl mit mehreren Kandidierenden sieht das heutige System nicht vor – ein Wahlsystem, welches nicht wirklich als demokratisch bezeichnet werden kann.

Problematisch sind auch die Finanzentscheide, welche das einseitig zusammengesetzte Gremium de facto selber fällt. So hat der Bildungsrat in der Vergangenheit die Anschaffung überteuerter Lehrmittel beschlossen, ohne die finanziellen Konsequenzen seines Entscheids abzuwägen. Zwar hat der Landrat beim Budget für den Kantonshaushalt das letzte Wort, doch ein Veto zu einem vom Bildungsrat beschlossenen Lehrmittel hätte weitreichende Konsequenzen: Würde der Landrat die Anschaffung eines Lehrmittels nämlich aus dem Budget streichen, müsste das neue Schuljahr im darauffolgenden August ohne Lehrmittel begonnen werden – keine echte Alternative für ein Parlament, das verantwortungsvoll handelt.

Schliesslich hat sich der Bildungsrat in jüngster Zeit auch einen krassen Fehlentscheid geleistet. Das Volk hat entgegen der Empfehlung des Bildungsrats entschieden, dass in den Sekundarschulen Naturwissenschaften und Geschichte als Einzelfächer unterrichtet werden müssen; der Bildungsrat hat das Volksverdikt mit Einstundenfächern quittiert, die in der Praxis nur als Sammelfächer hätten unterrichtet werden können – ein krasser Verstoss gegen den Volksentscheid. Erst nach massivem Protest aus dem Landrat hat der Bildungsrat eingelenkt und die Stundentafel gemäss dem Volkswillen im letzten Moment noch korrigiert.

Lange hat der Bildungsrat konstruktiv mit den jeweiligen Regierungsräten an der Spitze der Bildungsdirektion zusammengearbeitet. Erst die jüngste Reformwelle, die in einer beispiellosen Zahl von Volksinitiativen ausgeartet ist, hat die Limiten des jetzigen Bildungsrats aufgezeigt. Die Differenzen mit der jetzigen Bildungsdirektorin Monica Gschwind und vom Volk gefällten Entscheiden wie demjenigen zu den Einzelfächern in der Sek haben den Konflikt zwischen den vom Volk gewählten Behörden und der Sonderbehörde Bildungsrat eskalieren lassen.


Sicher: Es war nicht alles falsch, was der Bildungsrat entschieden hat. Der Rat hat oft wertvolle Arbeit geleistet. Deshalb wäre es auch nicht richtig, den Bildungsrat ersatzlos abzuschaffen. Der jetzt vorgeschlagene Beirat Bildung verheisst einen guten Mittelweg: In einer ausgewogeneren Zusammensetzung wird der Beirat Bildung weiterhin die Lehrpläne, die Stundentafel, die Lehrmittel und weitere Erlasse beraten können. Stimmt das Volk am 10. Juni mit Ja, werden aber die Ergebnisse die kritische Würdigung durch den Regierungsrat bestehen müssen. 

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