Die Baselbieter Handschlagaffäre hat
Folgen: Schulen müssen schlecht integrierte ausländische Schüler dem Kanton
künftig melden. Der Landrat hat einer Änderung des Bildungsgesetzes
überdeutlich zugestimmt.
Lehrer müssen respektlose Ausländer melden, Basler Zeitung, 17.5.
Die Baselbieter Schulen werden verpflichtet, Integrationsschwierigkeiten
von Schülerinnen und Schülern mit ausländischer Staatsbürgerschaft dem Amt für
Migration zu melden. Das Parlament hat am Donnerstag eine nach der
Handschlag-Affäre beantragte Gesetzesänderung verabschiedet.
Der Landrat stimmte der Änderungen des Bildungsgesetzes mit 63 zu 9
Stimmen bei 2 Enthaltungen zu. Da so das Vier-Fünftel-Mehr übertroffen wurde,
entfällt die bei Gesetzen sonst obligatorische Volksabstimmung. Gegen die
Anpassungen stimmten einige Landrätinnen und Landräte der SP. Einzelne
Parlamentsmitglieder von SP und Grünen nahmen nicht an der Abstimmung teil.
Meldepflichtig werden «wesentliche Probleme»: Die Vorlage nennt etwa
eine Verweigerung der Teilnahme oder eine massive Störung des Unterrichts, eine
respektlose Behandlung insbesondere von weiblichen Lehr- und Respektspersonen
sowie von Schülerinnen oder konkrete Anzeichen einer Radikalisierung.
Meldepflicht als «letzte Möglichkeit»
Eine Meldung an das Amt für Migration darf erst dann erfolgen, wenn «die
zumutbaren pädagogischen Bemühungen erfolglos geblieben sind». Einen Antrag der
SP, statt einer Meldepflicht ein Melderecht einzuführen, hatte der Landrat bei
erster Lesung abgelehnt. Die SP lehnte die Gesetzesänderung unter anderem ab,
weil sie nur einen bestimmten Teil der Bevölkerung betrifft, was «Sonderrecht»
schaffe.
Im Weiteren wird eine Achtung der «Werte einer freiheitlichen,
gleichberechtigten und solidarischen Gesellschaft» im Bildungsgesetz verankert.
Ebenfalls festgeschrieben wird, dass neben dem Unterricht auch
Schulveranstaltungen lückenlos besucht werden müssen. Der Besuch einer lokalen,
traditionellen Veranstaltung soll damit nicht aus religiösen Gründen verweigert
werden können.
Mit einer Gesetzesänderung werden die Schulleitungen zudem dazu
verpflichtet, für einen «diskriminierungsfreien Schulbetrieb» zu sorgen. Mit
diesem Passus soll auch eine Diskriminierung von Minderheiten sanktioniert
werden können. Für den Besuch besonderer Programme ausserhalb des Unterrichts
im Rahmen von Disziplinarmassnahmen können zudem künftig Kostenbeiträge erhoben
werden.
Reaktion auf «Handschlag-Affäre»
Mit den vorgelegten Gesetzesänderungen hatte die Regierung auf
überwiesene Vorstösse aus dem Landrat reagiert. Diese waren in der Folge der
sogenannten «Handschlag-Affäre» in Therwil eingereicht worden, die im Frühjahr
2016 über die Landesgrenzen hinaus Schlagzeilen ausgelöst hatte.
An der Sekundarschule Therwil hatte damals die Schulleitung zwei
muslimische Schüler zeitweise von der dort üblichen Handschlagpflicht
dispensiert. Die beiden hatten ihrer Lehrerin aus religiösen Gründen den
Handschlag verweigert. Aus der Gesetzesvorlage gestrichen hatte die
vorberatende Justiz- und Sicherheitskommission des Landrats eine ebenfalls
beantragte Verfassungsänderung.
Damit hätte die Verfassung eine Bestimmung erhalten sollen, welche
bürgerliche Pflichten höher wertet als religiöse und weltanschaulichen
Haltungen. Als fraglich wurde eingeschätzt, ob ein solch allgemeiner Paragraph
die gewünschte Wirkung entfalten könne.
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