7. April 2018

Graubünden will an umstrittenen Lehrmitteln festhalten

Das Kantonsparlament von Basel-Landschaft hat letzte Woche beschlossen, die aktuellen Französisch- und EnglischLehrmittel nicht mehr im Unterricht zu verwenden. Zu gross war die Kritik der Lehrerschaft. Seither wird gespannt auf die Reaktion der anderen Kantone gewartet, die wie Baselland nach dem Fremdsprachenkonzept Passepartout und mit den gleichen Lehrmitteln unterrichten. Neben Basel-Landschaft sind das die Kantone Basel-Stadt, Solothurn, Bern, Wallis, Freiburg und Graubünden.
Graubünden hält trotz Kritik an "New World" fest, Südostschweiz, 7.4. von Stefan Bisculm


Gegenüber der «Südostschweiz am Wochenende» macht der Bündner Erziehungsdirektor Martin Jäger nun klar: «Wir haben nicht die Absicht, Passepartout zu verlassen.» Ein Alleingang und damit die Entwicklung eines eigenen Englischlehrmittels komme nur schon aus Kapazitätsgründen nicht infrage. Jäger erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass Graubünden alle seine Lehrmittel in fünf Idiomen sowie auf Deutsch und Italienisch publizieren muss.

Nicht kompatibel mit Lehrplan
Passepartout nennt sich der Zusammenschluss all jener Deutschschweizer Kantone, die wie Graubünden ab der 3. Klasse eine Landessprache unterrichten und ab der 5. Klasse mit Englisch beginnen. Graubünden ist der einzige Kanton, der ab der 3. Klasse mit der Kantonssprache Italienisch startet, die übrigen Passepartout-Kantone geben Französisch den Vorzug.

Das gemeinsame Englischlehrmittel «New World», das sich auf den Lehrplan 21 abstützt, hat Graubünden mitentwickelt. Würde der Kanton nun dem Beispiel von Baselland folgen, könnte gemäss Jäger nicht einfach auf ein anderes Lehrmittel zurückgegriffen werden. «Die alten Lehrmittel sind nicht auf die Lehrpläne von heute ausgerichtet.»

Allerdings bietet etwa der Lehrbuchverlag Macmillan Education durchaus Englischlehrmittel an, die sich gemäss Verlagsangaben auch für Anfänger auf der 5. und 6. Primarstufe eignen würden. Zu den Interessenten für dieses Lehrmittel gehören etwa Basel-Landschaft sowie Solothurn.

Bei den Bündner Oberstufenlehrern ist das Lehrmittel «New World» seit seiner Einführung im Jahr 2012 umstritten. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Das Lehrmittel stehe bei vielen Lehrern nach wie vor in der Kritik, sagt Andreas Spinas, Präsident der Legr-Fraktion Sek I. «Die Didaktik des Lehrmittels bleibt unausgegoren.» Um die Defizite von «New World» auszugleichen und den Schülern das Lernen der Fremdsprache zu erleichtern, ergänzten heute viele Lehrer den Unterricht mit eigenen Materialien, erklärt Spinas.

Im letzten Jahr organisierte der Bündner Lehrerverband Legr zusammen mit Vertretern der Lehrerverbände der Kantone Solothurn, Bern und Baselland ein Treffen mit dem Klett-Verlag, um Kritik und Wünsche in Bezug auf ihr Lehrmittel vorzubringen. Als Resultat dieses Treffens wurde danach ein Übungsheft nachgeliefert. «Das hat die Lage verbessert, ist aber immer noch nicht genug», wie Spinas findet. Neben der Didaktik stören sich viele Lehrer auch am Einwegcharakter des Englisch-Lehrmittels. Weil direkt in das Lehrmittel geschrieben wird, müssen die Bücher nach einmaligem Gebrauch weggeworfen werden und können nicht mehrfach verwendet werden.

Aktiv gegen das Lehrmittel ankämpfen will der Legr Graubünden jedoch nicht. «Das hat für uns keine Priorität mehr. Allerdings würden wir eine Auswahl an obligatorischen Lehrmitteln begrüssen, wie das heute schon in Zürich möglich ist», so Spinas.

Schüler wurden geprüft
In der Ostschweiz ist Graubünden heute der einzige Kanton, der ab der 5. Klasse und nicht schon ab der 3. Klasse mit dem Englischunterricht beginnt. Eine vom Kanton in Auftrag gegebene Studie soll nun untersuchen, ob die Bündner Schü- ler trotz des späteren Starts die Lernziele des Lehrplans 21 im Fach Englisch erreichen und mit den Schülern der Ostschweizer Kantone mithalten können.


Mit dieser sogenannten Lernstand-Erhebung wurde Professor Urs Moser von der Universität Zürich beauftragt. Er prüfte Schüler am Ende der zweiten Oberstufe aus allen drei Sprachgebieten Graubündens. Die Ergebnisse der Untersuchung werden gemäss Jäger in den nächsten zwei Monaten erwartet.

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