12. April 2018

Aufnahmeprüfung hat klare Vorteile


Für den Bildungsökonomen Stefan Wolter hat die Aufnahmeprüfung klare Vorteile bei der Zulassung ins Gymnasium.
"Einfluss der Akademikereltern", Weltwoche, 4.4. von Katharina Fontana


In den meisten Kantonen entscheiden Vornoten und die Empfehlung der Lehrer über den Übertritt ins Gymnasium. Wozu braucht es noch eine Aufnahmeprüfung?
Man weiss, dass die Lehrer die Notengebung an die Leistungsstärke der Klassen anpassen. In starken Klassen wird die gleiche Leistung härter, in schwachen Klassen milder benotet. Auch die Empfehlungen für den Übertritt sind nicht so unabhängig, wie man denkt: Die Eltern können beachtlichen Einfluss ausüben. Die Aufnahmeprüfung kann hier ­einen Ausgleich schaffen, sie ist standardisiert und macht den Zulassungsentscheid vergleichbarer und damit fairer.

Wie fair ist es, wenn die einen Familien ein Heidengeld für Vorbereitungskurse ausgeben können und die anderen nicht?
Solche Unterschiede lassen sich nicht ausmerzen, das gilt für die gesamte Schulzeit. Es ist doch vielsagend, dass es in erster Linie Akademikereltern sind, die die Aufnahmeprüfungen vehement ablehnen: Sie fürchten, dass sie ihr Kind dann nicht mehr dank ihrem Einfluss ins Gymnasium hieven können. Andere Familien haben damit viel weniger ein ­Problem.

Die Aufnahmeprüfung trägt also dazu bei, dass die wirklich begabten Kinder ins Gymnasium kommen?
Das kann man so sagen. Zudem ist sie wichtig, damit die Bevölkerung die gymnasiale Ausbildung akzeptiert und nicht den Eindruck hat, dass die Bessergestellten bevorteilt würden.

In der Westschweiz und im Tessin machen deutlich mehr Schüler die Matura als in der Deutschschweiz. Bewerten die Lateiner milder?
Ja. In Genf etwa werden Schüler ins Gymnasium geschickt, die es anderswo nicht schaffen würden; die Anforderungen sind teils deutlich tiefer. In den lateinischen Kantonen setzt man viel stärker auf akademische Abschlüsse als in der Ost- oder in der Zentralschweiz.

Thurgauer oder Urner wollen aus eigenen Stücken weniger ins Gymnasium?
Tatsächlich interessieren sich dort nicht sehr viele Jugendliche für die Matura. ­Gefragt sind dagegen gute Berufslehren. Diese sind wiederum in Genf Mangelware – gerade weil die Betriebe Mühe be­kunden, qualifizierte Schulabgänger zu finden.


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