11. Februar 2018

Unsicherheit nach Urteil des Bundesgerichts

Das Bundesgerichtsurteil zu den kulturellen und sportlichen Aktivitäten in der Volksschule sorgt für Diskussionen. Noch vor einer Woche hatte Staatsrat und Er­ziehungsdirektor Jean-Pierre Siggen (CVP) informiert, dass der Bundesgerichtsentscheid ab sofort gilt.
Er hat den Ball den Gemeinden zugespielt und überlässt es somit ihnen und den Schulen, wie sie konkret mit der neuen Situation umgehen wollen. Er stellte zwar eine Arbeitsgruppe in Aussicht, die abklären soll, welche Schulmaterialien die Eltern und welche die Gemeinden bezahlen müssen. Doch sollen diese Abklärungen erst im Sommer abgeschlossen sein.
Wer bezahlt wieviel an Lager und Ausflüge? Bild: Philippe Devanne
Notfalls bezahlen die Gemeinden, Berner Zeitung, 10.2. 


Eindringliche Appelle
Eine Delegation der Oberamtmänner und des Gemeindeverbandes verlangte bei einem Treffen mit Siggen eine bessere Koordination. Dass Handlungsbedarf und grosse Unsicherheit besteht, zeigen Recherchen. So haben einige Eltern der Stadt Murten die Rechnung für ein bereits durchgeführtes Lager zurückgeschickt (siehe Kasten).
Noch vor kurzem hatte der Erziehungsdirektor gesagt, dass der Entscheid des Bundesgerichts keinen Spielraum offenlasse: Mehr als 10 bis 16 Franken pro Tag dürfen die Schulen künftig von den Eltern für solche Aktivitäten nicht mehr fordern.

Jetzt übernahm Siggen teilweise die Haltung seines Berner Kollegen, Erziehungsdirektor Bernhard Pulver (Grüne). Dieser empfiehlt den Gemeinden, die bisherige Praxis beizubehalten. Im Kanton Bern werden von den Eltern 20 bis 30 Franken pro Tag verlangt. Wie Pulver sagte, hat dies nie zu Reklamationen geführt, zumal der Kanton eine Härtefallregelung hat für Eltern, die den Betrag nicht bezahlen können.

Siggen schlägt eine Art Übergangslösung vor: «Schulreisen und Lager, die vor der Urteilssprechung organisiert wurden, sollen wie geplant durchgeführt und fakturiert werden.» Alles, was im neuen Jahr ­organisiert wird, unterliegt dem Urteil der obersten Schweizer Richter. Doch ganz aufatmen können die Gemeinden auch mit dieser Regelung nicht: Falls die Eltern eine Beteiligung verweigern, müssen die Gemeinden die Finanzierung übernehmen.

Es bleibt Unsicherheit
Für die Gemeinden bleibt also die Unsicherheit. Denn ihnen drohen Defizite. «Das Problem trifft alle Gemeinden. Der Entscheid des Kantons, den Bundesgerichtsentscheid rückwirkend und sofort umzusetzen, hat sie kalt erwischt», sagt Manfred Raemy, Oberamtmann des Sensebezirks und Präsident der Region Sense.
Die Budgets der Gemeinden für das Jahr 2018 wurden letzten Herbst ohne diese Kosten verabschiedet. Ebenfalls wurden die Reservationen und Anzahlungen für die diesjährigen Ski­lager lange vor dem Bundes­gerichtsentscheid getätigt.

Im Sensebezirk wird das Thema auf Bezirksebene diskutiert. «Die Gemeinden sind in einem Loch. Statt Klarheit zu schaffen, weiss niemand, was möglich ist und wie es weitergehen soll», sagt er Raemy weiter. «Es herrscht eine grosse Unsicherheit.» Er hofft, dass Gespräche und politische Interventionen dazu führen, die Situation zu ändern.
Aus der Sicht des Oberamtmanns des Seebezirks, Daniel Lehmann, ist nun abzuklären, welche neuen Rahmenbedingungen sich für die Gemeinden ergeben. «Sie brauchen Zeit, um sich auf die neue Situation einzustellen.» Ähnlich äussert sich auch Christa Bürgy-Schubnell, Präsidentin der OS Sense. «Wir sind vom Entscheid überrollt worden. Momentan heisst die Devise bei uns, kühlen Kopf zu bewahren, die Infos zu sammeln und abzuwarten.»


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