13. November 2017

Zürich will Handarbeit zugunsten der Primarfremdsprachen reduzieren

Der Zürcher Kantonsrat will die Sonderstellung der "Handsgi" aufheben. Der Paragraf im Volksschulgesetz, der die Anzahl Handarbeitslektionen vorschreibt, soll gestrichen werden. Dafür hat sich der Rat am Montag in erster Lesung ausgesprochen. AL und EDU warnen vor einem Abbau des Handarbeitsunterrichts.
Kantonsrat will Sonderstellung der "Handsgi" aufheben, sda, 13.11.


Die Anzahl Handarbeitslektionen soll reduziert werden: von 17 auf 15 Stunden über die gesamte Primarschulzeit hinweg. Das heisst umgerechnet, dass ein Primarschulkind künftig durchschnittlich zwei Lektionen Handarbeit pro Woche auf dem Stundenplan hat.
Durch die Reduktion der Handarbeitsstunden wird es möglich, im Lehrplan 21 auf der Mittelstufe zwei Fremdsprachen und das Fach Medien und Informatik im Stundenplan ohne zusätzliche Lektionen unterzubringen. Deshalb soll der strittige Paragraf aufgehoben werden.

Dieser Vorschlag hat einen breiten Rückhalt. Mehrere Lehrerverbände, der Grossteil der Gemeinden und die Mehrheit der Parteien sind für eine Streichung. Im Kantonsrat sprachen sich am Montag AL und EDU gegen eine Streichung aus.

Sparwut im Bildungsbereich
"Wir haben kein Vertrauen in die aktuelle Bildungspolitik", sagte Judith Stofer (AL, Zürich). Es herrsche eine Sparwut, bei der egal sei, was kaputtgemacht werde. In der Handarbeit lernten die Kinder Arbeitsorganisation und das Finden von Lösungen für selbstgestellte Aufgaben.

Hans Egli (EDU, Steinmaur) sagte: "Die gestalterischen Fächer werden stiefmütterlich behandelt." Die Gesetzgeber seien sehr vorausschauend gewesen, als sie die wöchentliche Unterrichtszeit im Fach Handarbeit festgeschrieben hatten. Er befürchtet einen scheibchenweisen Abbau des Handarbeitsunterrichts.

Soweit kommt es laut Moritz Spillmann (SP, Ottenbach) nicht. Er sagte: "Es droht keine Kopflastigkeit des Unterrichts. Gestalten und Bewegung machen weiterhin einen Drittel des Lehrplans aus."

Und Bildungsdirektorin Silvia Steiner (CVP) nannte die Vorlage eine "breit abgestützte eierlegende Wollmilchsau", weil Eltern- und Lehrerorganisationen ebenso wie die Mehrheit der politischen Parteien einverstanden seien mit der Streichung des Paragrafen.

Initiativen führten zum Paragrafen
2004 sollte im Zuge eines Sparprogramms die Anzahl Handarbeitslektionen von vier auf zwei pro Woche gesenkt werden. Eine Volksinitiative verlangte in Antwort darauf erfolgreich, den Handarbeitsunterricht wieder auf vier Lektionen zu erhöhen.

Der Regierungsrat legte fest, dass nur in zwei Lektionen der Unterricht in Halbklassen erfolgen sollte. Eine Parlamentarische Initiative verlangte daraufhin eine Reduktion auf drei Lektionen, die jedoch alle in Halbklassen erfolgen sollten. In einem eigenen Paragrafen im Volksschulgesetz wurde schliesslich 2010 die Verteilung der Fächer festgelegt.

In der Praxis zeigt sich jedoch, dass dieser Paragraf das Erstellen des Stundenplans stark verkomplizierte. Ausserdem hat der Bildungsrat eine neue Verteilung der Anzahl Lektionen verabschiedet. Darin verliert die Handarbeit auf Primarschulstufe an Lektionen zugunsten des neuen Fachs Medien und Informatik.


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