19. September 2017

Fluchen wie Bürstenbinder

Schüler verwenden heute Kraftausdrücke, die früher absolut tabu waren. Die Lehrer klagen über «Sprachverwilderung».

So derb fluchen Achtjährige heute, 20 Minuten, 18.9.
"Es gibt Modetrends wie etwa'huere schwul'", 20 Minuten, 18.9.


Schweizer Lehrer sehen sich zunehmend dem Phänomen der Sprachverwilderung gegenüber. «Früher war es absolut tabu, das Wort ‹Scheisse› zu benutzen. Heute ist Fluchen ein Bestandteil der Gesellschaft», sagt Beat W. Zemp, Präsident des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz. Dies ändere aber nichts daran, dass Fluchen in der Schule immer noch unerwünscht sei.

Fluch- und Schimpfwörter würden die Schüler nicht mehr nur bei Erwachsenen und Geschwistern aufschnappen, sondern auch über die sozialen Medien, sagt Zemp. Ausdrücke wie «Gopfertami» seien Klassiker. Andere Fluchwörter seien Modeerscheinungen, die eine Zeit lang kursierten und dann wieder verschwinden würden – ein Beispiel dafür ist laut Zemp etwa «Son of a bitch» (deutsch: «Hurensohn»), aktuell auch «Figg di» oder «Du Assi».

Schule und Klasse bestimmen das Fluchen
In Deutschland hat der Verband Bildung und Erziehung im letzten Jahr ein Manifest erarbeitet, das die Verrohung der Sprache anprangert. «Sie hören heute schon von Acht- oder Neunjährigen Begriffe wie ‹Hure›, ‹Spasti›, ‹Asylant›», sagte etwa der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, zu Spiegel.de.

«Der Schweizer Lehrerverband hat von diesem Manifest Kenntnis genommen», erklärt Zemp. Einen einheitlichen Leitfaden für Schweizer Lehrer, wie sie mit der Situation umgehen sollten, gibt es aber nicht. «Das ist eine Kulturfrage. In jedem Schulhaus ist die Situation anders», sagt Zemp. Wie im Schulzimmer geflucht werde, hänge etwa von der Zusammensetzung der Klasse oder dem Standort der Schule ab.

«Eine Frage der Erziehung»
Trotzdem greifen Lehrer durch, wenn ein Schüler flucht. «Es ist die Aufgabe der Schule, Verhaltensregeln zu vermitteln», sagt Zemp. Folglich werde das Benutzen von Schimpfwörtern auch sanktioniert. Steckten Kinder ihre Mitschüler mit Kraftausdrücken an, werde das Thema an Elternabenden angesprochen. Denn, so Zemp: «Die Sprachverwilderung ist eine Frage der Erziehung.»

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