7. Juli 2017

Schaffhausen will Macht der Exekutive im Bildungswesen einschränken

Christian Amsler ist frustriert. «Jahrelang hat der Erziehungsrat gut funktioniert, und jetzt sägen Sie mich ab.» Mit diesen Worten wandte sich der Erziehungsdirektor gestern im Schaffhauser Kantonsrat ans Parlament. Dieses war nämlich im Begriff, die Macht des Vorstehers des Erziehungsdirektors zu beschneiden.
"Sie sägen mich ab!": Christian Amsler enttäuscht über Kantonsrat, Schaffhauser Nachrichten, 4.7. von Zeno Geisseler


Traktandiert war eine Motion von Jürg Tanner (SP, Schaffhausen). Dabei ging es um das höchste Bildungsgremium im Kanton, eben den Erziehungsrat. Dieser wird vom Parlament bestimmt und beschliesst ganz grundsätzliche Angelegenheiten wie etwa die Einführung des Lehrplans 21.

Präsident des Erziehungsrats ist der Vorsteher des Erziehungsdepartements, aktuell also Christian Amsler. Diese Doppelrolle ist nach Ansicht von Jürg Tanner allerdings ein Nachteil. Der Erziehungsdirektor soll zwar schon im Erziehungsrat sitzen, aber nur als gewöhnliches Mitglied. Präsidentin oder Präsident soll eine Person sein, die von der Verwaltung unabhängig ist. Dies forderte Tanner in seiner Motion. Es gebe viele Vorbilder, sagte Tanner bei der Begründung. So sei der oberste politische Verantwortliche für die Gesundheit, der Vorsteher des Departements des Innern, auch nur Mitglied des Spitalrats, aber nicht dessen Präsident. Und der Volkswirtschaftsdirektor sei ebenfalls nur Mitglied im Bankrat der Kantonalbank und nicht dessen Präsident. Auch im Bildungsbereich gebe es dieses Modell bereits, nämlich bei den Sonderschulen. «Ich möchte eine verbesserte institutionelle Unabhängigkeit», sagte Tanner.

«Kein Highlight für mich»
Amsler konterte im Namen der Regierung, dass es doch gar keinen Grund gebe für einen Systemwechsel. «Es gibt keine konkreten Hinweise auf ­Geschäfte, in denen die Konstellation in Frage gestellt gewesen war», sagte er. Wenn eine externe Person das Präsidium übernehme, dann sei dies «unüblich, ineffizient und unpraktisch», so Amsler. Gestützt wurde er aber nur von seiner eigenen Partei sowie Teilen der SVP. Es zeichnete sich ab, dass der Rat die Motion überweisen würde. Amsler ergriff vor der Abstimmung nochmals das Wort. «Das ist kein Highlight für mich. Ich bin sehr enttäuscht, ich empfinde das als Absägen meiner Person.»

Mit 27 zu 15 Stimmen wurde die Motion Tanner überwiesen. Ganz definitiv ist die Sache aber noch nicht. Die Regierung muss jetzt eine Vorlage ausarbeiten, und über diese kann der Rat nochmals beraten und endgültig beschliessen.

Lohngleichheit: Ja, aber …
Weiter hat der Rat gestern darüber debattiert, ob der Kanton die Charta «Lohngleichheit im öffentlichen Sektor» unterzeichnen solle – ein Schritt, den die Stadt Schaffhausen bereits vollzogen hat. Seraina Fürer (Juso, Schaffhausen) hatte ein entsprechendes Postulat eingereicht. Nur ganz knapp, mit 23 gegen 25 Stimmen, kam sie damit nicht durch. Unter anderem hatte die Regierung argumentiert, dass die Lohngleichheit beim Kanton heute schon gelebt werde.

Viele Wortmeldungen gab es weiter in einer Diskussion zum öffentlichen Verkehr im Zusammenhang mit einer Interpellation von Martina Munz (SP, Hallau). Susi Stamm (FDP, Schleitheim) kritisierte die Kürzungen auf der Buslinie 21, Regierungsrat Martin Kessler informierte über den Stand bei der durchgehenden Elektrifizierung der Hochrheinstrecke («es geht vorwärts»).

Kürzer diskutiert wurde schliesslich auch die Umsetzung der Behindertenrechtskonvention. Auch dazu hatte SP-Kantonsrätin Martina Munz eine Interpellation eingereicht. Regierungsrat Walter Vogelsanger erwähnte unter anderem, dass es im Zuge der Digita­lisierung und der Weiterentwicklung der Industrie immer weniger Nischenarbeitsplätze im ersten Arbeitsmarkt gebe.


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