22. Juni 2017

Zürcher Gemeinderat wehrt sich gegen Laubers Neuorganisation

Stadtrat Gerold Lauber steht in Zürich zwar der grössten Schweizer Schulgemeinde vor. In dieser Funktion aber hat er kaum etwas zu sagen. Seit 2005 sind in allen Schulen Schulleiter tätig, und die Geschäfte führen sieben Schulpflegepräsidenten mit ihren Schulpflegern, die vom Volk gewählt werden. Lauber ist lediglich für die Finanzierung der Schulen zuständig – und auch da vom Gesamtstadtrat und vom Gemeinderat abhängig. Dies wollte der Vorsteher des Schul- und Sportdepartements ändern. Die heute neun Schulbehörden, die nebeneinander auf der gleichen Hierarchiestufe stehen, hätten in einer zentralen Schulpflege zusammengefasst werden sollen. Lauber wäre in diesem Gremium mit den sieben Schulpflegepräsidenten präsent gewesen und hätte als Stadtrat den Vorsitz gehabt.
Lauber scheitert mit Schulreform, NZZ, 22.6. von Corsin Zander



Bloss ein «Reförmchen»
Doch diese Zentralisierung in einer Behörde, welche die Gesamtverantwortung für die Führung der Stadtzürcher Volksschule übernommen hätte, ging dem Gemeinderat zu weit. Am Mittwoch strich er eine entsprechende Weisung in den zentralen Punkten zusammen. Übrig blieb, was die verschiedenen Parteivertreter wahlweise «Reförmchen» oder «Pseudoreform» nannten: Die Gemeindeordnung wird sprachlich an das 2015 vom Kanton erlassene neue Gemeindegesetz angepasst. Und die Schulkommission, die für die Überwachung von Sonderschulen und weitere gesamtstädtische sonderpädagogische Angebote zuständig ist, wird abgeschafft. Weil Sonderschüler seit 2005 zunehmend in die Regelschule integriert werden, ist diese Kommission überflüssig geworden. Der entsprechenden Änderung der Gemeindeordnung muss nun noch das Zürcher Stimmvolk zustimmen.

Stark veränderte Schule
Gerold Lauber wollte die Entscheidung des Gemeinderats nicht als Niederlage verstanden wissen. Er habe den Glauben, dass man die Schulbehörden in Zürich grundlegend umgestalten könne, schon vor Jahren aufgegeben, sagte er im Rat. Deshalb sei er zufrieden, wenigstens eine Schulkommission abzuschaffen, die nur zu Doppelspurigkeiten geführt habe. Das sei zwar nicht «der grosse Wurf», aber immerhin nicht nichts. Lauber liess es sich dennoch nicht nehmen, etwas trotzig auf einen Expertenbericht von Ernst & Young und dem Institut für Erziehungswissenschaften der Universität Zürich aus dem Jahre 2009 zu verweisen. Dieser Bericht meint warnend, die Parallelstruktur der Schulpräsidenten und des zuständigen Stadtrats sei ineffizient, und plädiert für eine Umstrukturierung der Schulbehörden, wie sie Lauber vorgeschlagen hatte.

So einig sich die Parteien darin waren, die vorgeschlagene Zentralisierung abzulehnen, so einig sind sie sich darüber, dass die Schulbehörden reorganisiert werden müssen. Denn die Schule hat sich in den vergangenen zehn Jahren stark verändert. Der Bereich der Betreuung wurde ausgebaut, und man ging in Bezug auf Kinder mit besonderen pädagogischen Bedürfnissen neue Wege. So sollen diese in die Regelklassen integriert statt in Sonderklassen unterrichtet werden. Um eine grundsätzliche Reorganisation wird sich nun Laubers Nachfolger kümmern müssen. Der CVP-Politiker tritt bei den Stadtratswahlen 2018 nicht mehr an.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen