20. Juni 2017

"Lehrplan kommt sowieso"

Die Gegner des Lehrplans 21 stehen mit ihren Volksinitiativen für mehr politische Mitbestimmung in Lehrplanfragen auf verlorenem Posten. Erst im Mai haben die Solothurner die Volksinitiative «Ja zu einer guten Volksschule ohne Lehrplan 21» mit einer Zweidrittelmehrheit bachab geschickt. Im Februar scheiterte eine ähnliche Initiative im Aargau, und bereits früher haben die Landsgemeinde von Appenzell Innerrhoden und die Stimmberechtigten in Schaffhausen und im Thurgau ähnlich votiert.
Gegner des Lehrplans 21 bleiben chancenlos, NZZ, 20.6. von Walter Bernet


Lehrplan 21 kommt so oder so
Auch im Kanton Zürich dürften die Mehrheitsverhältnisse klar sein. Am Montag hat der Kantonsrat die von SVP- und EDU-Politikern, konservativen Schulkreisen und Jungfreisinnigen portierte Zürcher Initiative «Lehrplan vors Volk» den Stimmbürgern mit 113 zu 56 Stimmen zur Ablehnung empfohlen. Einzig die SVP- und die EDU-Fraktion unterstützten die Forderungen der Initianten.

Zum klaren Resultat haben zwei Prämissen beigetragen. Erstens hat der Lehrplan 21 in seiner Zürcher Variante in der Vernehmlassung breite Unterstützung gefunden. Der Bildungsrat hat seine gestaffelte Einführung im Sommer 2018 (Kindergarten bis 5. Klasse) und im Sommer 2019 (6. Klasse und Sekundarstufe) im März beschlossen. Auch ein Ja zur Initiative würde seine Einführung nicht verhindern, und sollte die Initiative im Volk entgegen aller Wahrscheinlichkeit eine Mehrheit finden, würde es Jahre dauern, bis ein neuer Lehrplan stünde. Und zweitens hat sich die heutige Kompetenzordnung mit der Zuständigkeit des Bildungsrats für den Erlass der Lehrpläne und mit breiten Mitwirkungsverfahren bewährt.

In der Debatte fragte sich Anita Borer (svp., Uster), was man denn gegen die Forderung nach mehr Mitsprache haben könne. Je besser ein Lehrplan demokratisch abgestützt sei, desto grösser sei seine Akzeptanz. Das Stimmvolk sei zum Teil mit schwierigeren Gesetzesvorlagen konfrontiert. Man dürfe ihm die Fähigkeit, in Sachen Lehrpläne gute Entscheide zu fällen, nicht absprechen.

Damit drang sie nicht durch. Eine Mehrheit des Rats war mit der Kommission für Bildung und Kultur (KBIK) der Meinung, dass die demokratische Abstützung schon heute breit genug sei. Der zuständige Bildungsrat sei nach fachlichen und gesellschaftlichen Kriterien sorgfältig zusammengesetzt und vom Kantonsrat gewählt, erarbeite Lehrpläne unter breiter Mitwirkung und gebe sie in Vernehmlassungen vor dem Entscheid, führte Moritz Spillmann (sp., Ottenbach), Präsident der KBIK, aus. Die Möglichkeiten der Gesellschaft, auf die Lehrpläne einzuwirken, seien gewährleistet. Und es sei sinnvoll, wenn das Volk in diesem Fall die Kompetenzen an ein Fachgremium delegiere.

Jacqueline Peter (sp., Zürich) führte drei Gründe gegen die Initiative an: Erstens gehörten Lehrpläne als komplexe Gebilde in ein Fachgremium, zweitens gehe es den Initianten nicht primär um demokratische Mitbestimmung, sondern um die Verhinderung des Lehrplans 21 und drittens werde nie ein Lehrplan vors Volk kommen, weil nie ein Lehrplan vorgelegt würde, der im Rat keine Mehrheit fände. Für Cäcilia Hänni (fdp., Zürich) ist die Initiative ein Koffer mit doppeltem Boden: Sie führe die Volksrechte ad absurdum, weil die Kritik, die sie übt, auf Details der Umsetzung abziele und die Initianten gar keine Alternative hätten, sondern einfach etwas anderes wollten. Der Lehrplan 21 werde zu Recht kommen. Mit der Initiative würde man künftige Anpassungen, die ohne Zweifel nötig werden, unnötig komplizieren.

Mehrfach abgestimmt
Bildungsdirektorin Silvia Steiner erinnerte daran, dass der Rat und das Volk schon mehrfach über diese Kompetenzordnung abgestimmt habe. Die Initiative berühre die Einführung des Lehrplans 21 nicht. Es wäre undemokratisch gewesen, hätte man ihretwegen dessen Umsetzung stoppen müssen. Steiner bezeichnete zudem die im Initiativtext vorgesehene Rückwirkung als juristisch fragwürdig. Kürzlich habe die SVP bei der Jugendheimfinanzierung im Rat diese Meinung ebenfalls vertreten.


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