1. Juni 2017

Heterogene Klassen verhindern Integration

Zweifellos: Der Weg zur integrativen Schule ist lang. Erste Forderungen danach gehen auf Mitte der Siebzigerjahre zurück. Wären behinderte und erziehungsschwierige Kinder seither in den obligatorischen neun Jahren Schulzeit optimal gefördert worden, müssten doch die Einwände dagegen längst verstummt sein. Selbstverständlich ist Integration für alle Kinder, ob behindert oder nicht, das Ziel jeder pädagogischen Massnahme. Aber der Weg kann nicht für alle der gleiche sein. 
Sonderschulen mit Anfragen überhäuft, Thurgauer Zeitung, 31.5. Leserbrief von Peter Schmid

Gewiss verträgt sich eine grössere Streuungsbreite der intellektuellen Voraussetzungen durchaus in der Regelschule. Aber eine erfolgreiche Förderung zeichnet sich dadurch aus, dass Kontinuität im Unterricht, Konstanz der Lehrpersonen sowie eine nicht allzu grosse Diskrepanz beim Entwicklungsstand der Schüler besteht. Diese Bedingungen gelten insbesondere für Kinder mit geistiger Behinderung, mit Verhaltensstörungen oder massiven Erziehungsdefiziten. Indem diese Kinder ständig wieder aus der Schulklasse herausgenommen und individuell betreut werden, geht die Kontinuität des Unterrichtsablaufs verloren, und es wechseln ständig die Bezugspersonen. Zudem lernen separierte Schüler sich nur in einer Klasse zurechtzufinden, die nicht allzu heterogen ist. Das Resultat am Ende der obligatorischen Schulzeit entspricht deshalb nie dem, was bei heilpädagogisch fundiertem Klassenunterricht möglich gewesen wäre. Die Sonderklassen sind zwar mehrheitlich abgeschafft, aber die Sonderschulen werden von Anfragen überhäuft, jene Kinder für den Rest der obligatorischen Schulzeit noch aufzunehmen, die im heutigen integrativen Schulsystem gescheitert sind. Allzu heterogene Klassen, verbunden mit einer Summe von Einzelförderungen, sozialisieren nicht, ja verhindern eine Integration, welche diesen Namen auch verdient. 

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