Das Bundesgericht hat die Bündner Fremdspracheninitiative 3:2 Stimmen
für gültig erklärt. Damit hat es in einer öffentlichen Beratung die Beschwerde
von Vertretern der Minderheitensprachen Italienisch und Romanisch abgewiesen.
Bundesgericht erklärt Fremdspracheninitiative für gültig, Südostschweiz, 4.5.
In den romanisch- und italienischsprachigen Regionen Graubündens würde
bei einer Annahme durch das Volk nur noch Deutsch als Fremdsprache
unterrichtet. Englisch stünde hingegen in den deutschsprachigen Teilen auf dem
Stundenplan der Primarschüler.
Das Bundesgericht entschied, dass die Fremdspracheninitiative mit
übergeordnetem Recht vereinbar ist. Die Initianten hatten verlangen, dass auf
Primarschulstufe nur noch eine Fremdsprache unterrichtet werden soll.
Der Bündner Erziehungsdirektor Martin Jäger (SP) sagte auf Anfrage, die
Regierung nehme das Urteil, das mit dem denkbar knappsten möglichen Resultat
ausgefallen sei, zur Kenntnis. Er befürchte aber, dass der Sprachfrieden in
Graubünden in nächster Zeit gestört werden könnte, sollte die Initiative
angenommen werden.
Die Regierung wird nun eine neue materielle Botschaft ausarbeiten und
sie dem 120-köpfigen Grossen Rat entweder in der zweiten Hälfte dieses oder in
der ersten Hälfte des nächsten Jahres unterbreiten, bevor dann das Stimmvolk an
der Reihe ist. Beim ersten Mal hatte sich das Parlament inhaltlich gar nicht
mit der Initiative befasst, sondern lediglich mit deren Gültigkeit.
Sprachverbände enttäuscht
Enttäuschung löste das Bundesgerichtsurteil in den Sprachverbänden der
beiden Minderheitensprachen Rätoromanisch und Italienisch aus. Johannes Flury,
Präsident des rätoromanischen Sprachverbandes Lia Rumantscha, sagte auf
Anfrage, er sei nicht glücklich über das Urteil. Sollte die Initiative
angenommen werden, werde deren Umsetzung für den Kanton sehr schwierig.
Flury erklärte, die Lia Rumantscha werde sehr genau hinschauen, sollten
gegebenenfalls zweisprachige Gemeinden in der Umsetzung der Initiative unter
Druck geraten oder diskriminiert werden.
Giuseppe Falbo, Generalsekretär der Pro Grigioni Italiano, erklärte auf
Anfrage, er habe ein anderes Urteil erwartet. Besonders traurig sei, dass der
einzige dreisprachige Kanton der erste sein könnte, der auf den Unterricht
einer Kantonssprache in der Primarschule verzichte, sofern die Initiative vom Volk
angenommen werde.
Erfreute Initianten
In einer Stellungnahme äussern sich die Initianten erfreut über den
Entscheid aus Lausanne. Fast auf den Tag vier Jahre nach der Lancierung
müssen sich Regierung und Grosser Rat mit dem Inhalt der Freumdspracheninitiative
auseinandersetzen. Endlich ist das Versteckspiel hinter den Paragraphen vorbei,
das nur Geld und Zeit gekostet hat, schreiben die Initianten.
Und weiter: Die Initianten sind überzeugt, dass zwei obligatorische
Fremdsprachen in der Primarschule zu viel sind. Mit einer geschickten Umsetzung
der Initiative kann aber trotzdem die Qualität der Fremdsprachen am Ende der
regulären Schulzeit verbessert und darüber hinaus erst noch die Kompetenz in
der Muttersprache gestärkt werden. Die Initiative ist derart offen gehalten,
dass keiner Region in Graubünden ein Sprachenkonzept aufgezwungen werden muss,
so Georg Luzi, Vorsitzender des Initiativkomitees.
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