Die Politik habe sich inhaltlich nicht
mit den Lehrplänen auseinanderzusetzen. Zu diesem Schluss kommt die
Bildungskommission des Grossen Rates.
Berner Bildungskommission lehnt Lehrplaninitiative ab, Berner Zeitung, 27.5.
Die Bildungskommission des bernischen Grossen Rats (BiK) wird dem
Kantonsparlament im September beantragen, die bernische Lehrplaninitiative für
gültig zu erklären. Sie empfiehlt jedoch dem Grossen Rat, das Begehren
abzulehnen.
Die Kommission erachte Lehrpläne als pädagogisches Fachwerk, mit dem
sich die Politik nicht inhaltlich auseinanderzusetzen habe: So begründet die
BiK laut einer Mitteilung des Grossen Rats vom Freitag ihr Nein zur
Volksinitiative.
Der Grosse Rat verfüge ausserdem über genügend Kompetenzen, die
strategischen Entscheide und die Grundzüge der Volksschule über das
Volksschulgesetz festzulegen, findet die BiK weiter. Das Kantonsbudget diene in
diesem Zusammenhang ebenfalls als Steuerungsinstrument.
Bei Annahme der Initiative wäre nach Ansicht der BiK die Gefahr gross,
dass Lehrplaninhalte nicht mehr auf pädagogischen Grundlagen, sondern in
politischen Diskussionen festgelegt würden. «Für die konkrete Erarbeitung des
Lehrplans sollen (. . .) pädagogische Fachleute zuständig sein.»
Initiative will Kompetenzverschiebung
Die Initiative trägt den Titel «Für demokratische Mitsprache - Lehrpläne
vors Volk!» Sie wurde im vergangenen August mit fast 19'000 Unterschriften
eingereicht. Das Begehren verlangt nicht direkt, dass der Lehrplan 21 dem
Bernervolk vorgelegt wird. Vielmehr verlangt die Initiative, dass nicht mehr
die Kantonsregierung, sondern letztere und der Grosse Rat wichtige Lehrpläne
und Lehrplanänderungen erlassen.
Grossratsbeschlüsse zu solchen wichtigen Lehrplänen oder Änderungen
sowie interkantonale Vereinbarungen zu Lehrplänen sollen zudem dem fakultativen
Referendum unterstehen. Damit soll das Volk bei wichtigen Bildungsreformen
mitreden können, sofern ein Komitee das Referendum ergreift.
Eine Übergangsbestimmung im bernischen Volksschulgesetz soll
garantieren, dass auch Lehrpläne, die ab 2017 in Kraft gesetzt werden, dem
Grossen Rat vorgelegt werden müssen. Damit zielen die Initianten auf den
Lehrplan 21, ohne ihn direkt zu nennen.
Sie stört am Lehrplan 21 vor allem dessen konstruktivistischer Ansatz.
Gemeint ist, dass Schüler künftig weitgehend selber ihre Lernprozesse sollen
steuern können. Die Lehrpersonen verlören so ihre zentrale Bedeutung und würden
zu Lernbegleitern, findet das Initiativkomitee.
Auch in anderen Kantonen ist der Lehrplan 21 umstritten. Ähnliche
Initiativen wie in Bern wurden in den Kantonen Aargau, Thurgau, Schaffhausen,
St. Gallen, Appenzell-Innerrhoden, Basel-Landschaft und zuletzt Solothurn am
21. Mai vom Volk bereits abgelehnt.
Lehrplan laut BiK sorgfältig erarbeitet
In ihrer Mitteilung gibt die grossrätliche BiK weitere Gründe an, wieso
sie sich mit nur einer Gegenstimme gegen die Lehrplaninitiative ausgesprochen
hat. So findet sie, der Lehrplan 21 sei sorgfältig und fachlich breit
abgestützt erarbeitet worden. Die bernischen Lehrpersonen hätten mitreden
können.
Auch die demokratische Mitsprache sei bei der Erarbeitung des Lehrplans
gewährleistet gewesen: Der Grosse Rat habe dem Finanzplan zugestimmt und damit
die erforderlichen Anpassungen der Lektionentafel gutgeheissen. Diese Tafel sei
eins der Kernstücke des Lehrplans 21.
Zuvor habe das Schweizervolk 2006 mit der Annahme des Bildungsartikels
in der Verfassung und dem Ja zum HarmoS-Konkordat einer Vereinheitlichung der
Deutschschweizer Schulen und damit der Lehrpläne zugestimmt.
Auch der Berner Regierungsrat hat sich schon gegen die
Lehrplaninitiative ausgesprochen. Deren Gültigkeit wird auch in einem
Rechtsgutachten bejaht.
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