27. Mai 2017

Berner Bildungskommission gegen Lehrplan-Initiative

Die Politik habe sich inhaltlich nicht mit den Lehrplänen auseinanderzusetzen. Zu diesem Schluss kommt die Bildungskommission des Grossen Rates.
Berner Bildungskommission lehnt Lehrplaninitiative ab, Berner Zeitung, 27.5.

Die Bildungskommission des bernischen Grossen Rats (BiK) wird dem Kantonsparlament im September beantragen, die bernische Lehrplaninitiative für gültig zu erklären. Sie empfiehlt jedoch dem Grossen Rat, das Begehren abzulehnen.

Die Kommission erachte Lehrpläne als pädagogisches Fachwerk, mit dem sich die Politik nicht inhaltlich auseinanderzusetzen habe: So begründet die BiK laut einer Mitteilung des Grossen Rats vom Freitag ihr Nein zur Volksinitiative.

Der Grosse Rat verfüge ausserdem über genügend Kompetenzen, die strategischen Entscheide und die Grundzüge der Volksschule über das Volksschulgesetz festzulegen, findet die BiK weiter. Das Kantonsbudget diene in diesem Zusammenhang ebenfalls als Steuerungsinstrument.

Bei Annahme der Initiative wäre nach Ansicht der BiK die Gefahr gross, dass Lehrplaninhalte nicht mehr auf pädagogischen Grundlagen, sondern in politischen Diskussionen festgelegt würden. «Für die konkrete Erarbeitung des Lehrplans sollen (. . .) pädagogische Fachleute zuständig sein.»

Initiative will Kompetenzverschiebung
Die Initiative trägt den Titel «Für demokratische Mitsprache - Lehrpläne vors Volk!» Sie wurde im vergangenen August mit fast 19'000 Unterschriften eingereicht. Das Begehren verlangt nicht direkt, dass der Lehrplan 21 dem Bernervolk vorgelegt wird. Vielmehr verlangt die Initiative, dass nicht mehr die Kantonsregierung, sondern letztere und der Grosse Rat wichtige Lehrpläne und Lehrplanänderungen erlassen.

Grossratsbeschlüsse zu solchen wichtigen Lehrplänen oder Änderungen sowie interkantonale Vereinbarungen zu Lehrplänen sollen zudem dem fakultativen Referendum unterstehen. Damit soll das Volk bei wichtigen Bildungsreformen mitreden können, sofern ein Komitee das Referendum ergreift.

Eine Übergangsbestimmung im bernischen Volksschulgesetz soll garantieren, dass auch Lehrpläne, die ab 2017 in Kraft gesetzt werden, dem Grossen Rat vorgelegt werden müssen. Damit zielen die Initianten auf den Lehrplan 21, ohne ihn direkt zu nennen.
Sie stört am Lehrplan 21 vor allem dessen konstruktivistischer Ansatz. Gemeint ist, dass Schüler künftig weitgehend selber ihre Lernprozesse sollen steuern können. Die Lehrpersonen verlören so ihre zentrale Bedeutung und würden zu Lernbegleitern, findet das Initiativkomitee.

Auch in anderen Kantonen ist der Lehrplan 21 umstritten. Ähnliche Initiativen wie in Bern wurden in den Kantonen Aargau, Thurgau, Schaffhausen, St. Gallen, Appenzell-Innerrhoden, Basel-Landschaft und zuletzt Solothurn am 21. Mai vom Volk bereits abgelehnt.

Lehrplan laut BiK sorgfältig erarbeitet
In ihrer Mitteilung gibt die grossrätliche BiK weitere Gründe an, wieso sie sich mit nur einer Gegenstimme gegen die Lehrplaninitiative ausgesprochen hat. So findet sie, der Lehrplan 21 sei sorgfältig und fachlich breit abgestützt erarbeitet worden. Die bernischen Lehrpersonen hätten mitreden können.

Auch die demokratische Mitsprache sei bei der Erarbeitung des Lehrplans gewährleistet gewesen: Der Grosse Rat habe dem Finanzplan zugestimmt und damit die erforderlichen Anpassungen der Lektionentafel gutgeheissen. Diese Tafel sei eins der Kernstücke des Lehrplans 21.

Zuvor habe das Schweizervolk 2006 mit der Annahme des Bildungsartikels in der Verfassung und dem Ja zum HarmoS-Konkordat einer Vereinheitlichung der Deutschschweizer Schulen und damit der Lehrpläne zugestimmt.

Auch der Berner Regierungsrat hat sich schon gegen die Lehrplaninitiative ausgesprochen. Deren Gültigkeit wird auch in einem Rechtsgutachten bejaht.


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