Urs Schrepfer
gehört zu den sechs Thurgauer Kantonsräten, die 2013 eine Motion zur
Abschaffung des Französischunterrichts an der Primarschule eingereicht hatten.
Nächste Woche befasst sich der Grosse Rat nochmals mit dem Geschäft. Dem
SVP-Kantonsrat aus Busswil kommt dabei als Kommissionspräsident eine
entscheidende Rolle zu.
Eine Chance für das Frühfranzösisch, Thurgauer Zeitung, 26.4. von Thomas Wunderlin
Die
Kommission hat sich mit neun zu fünf Stimmen gegen Frühfranzösisch
ausgesprochen. Schrepfer kann sich aber vorstellen, dass der Grosse Rat anders
entscheidet. Er persönlich würde jedenfalls unter bestimmten Bedingungen auf
eine Abschaffung verzichten: «Der Regierungsrat muss verbindliche Zusagen für
eine Verbesserung des Französischunterrichts an der Primarschule machen.»
SVP-Erziehungsdirektorin
Monika Knill hatte bereits an einer Kommissionssitzung aufgezeigt, in welche
Richtung es gehen könnte. Die von ihr präsentierten Massnahmen sind auf ihren
Wunsch mit dem Kommissionsbericht veröffentlicht worden. Der wichtigste Punkt
ist für Schrepfer: «Der Halbklassenunterricht muss möglich und verbindlich
sein. Dafür muss eine zusätzliche Lektion gesprochen werden.» Fünft- und
Sechstklässler sollen von ihren zwei Wochenlektionen mindestens eine in der
Halbklasse erhalten. Die Schulen sollen diese zusätzliche Lektion nicht für
etwas anderes als Französisch einsetzen dürfen. Weitere erwünschte Massnahmen
sind für Schrepfer Sprachtage, Sprachinseln und immersiver Unterricht. Die
Kommission habe über die Massnahmen nicht vertieft diskutieren wollen. Die
richtigen Ansprechpartner seien die Fachleute; dazu zählt er vor allem Bildung
Thurgau.
Grundsätzlicher
Befürworter des Sprachenlernens
Schrepfer,
Jahrgang 1971, sitzt seit 2012 im Kantonsparlament. Hauptberuflich arbeitet er
als Schulleiter in Wängi; ausserdem ist er Schulpräsident von Sirnach. Er
betont, dass er «immer ein Befürworter des Sprachenlernens» war. An der
Schweizerschule im mexikanischen Guernavaca erteilte er selber immersiven
Unterricht in Mathematik, Physik, Chemie, Biologie und Sport: Die Schüler
hatten Spanisch als Muttersprache, der Unterricht fand auf Deutsch statt. Am
Anfang der jetzigen Diskussion stand laut Schrepfer die «Unzufriedenheit mit
dem jetzigen Zustand» des Französischunterrichts an der Primarschule. Eher
überraschend sei gewesen, dass die Motion im Grossen Rat eine Mehrheit gefunden
habe.
Die
vorgeschlagene Umsetzung ist für Schrepfer auch ein Grund, weshalb er
inzwischen seine Haltung überdenkt. «Die Stundentafeln ohne Frühfranzösisch
sind so entworfen worden, dass auch ich mir überlegen muss, nein, dann lieber
Frühfranzösisch.» Das Erziehungsdepartement wollte den Französischunterricht an
der Sekundarschule ausbauen und den Sekundarschülern die Abwahl des Fachs
Französisch erst am Ende der zweiten Klasse gestatten. Bisher dürfen sie am
Ende der ersten Klasse Adieu sagen. Tatsächlich nutzt ein Drittel der Thurgauer
Sekundarschüler diese Möglichkeit. «Das ist gut so», sagt Schrepfer, «sie
wollen diese Zeit lieber für andere Fächer verwenden.» Doch man müsse sich vor
Augen halten, was das bedeute: «Auch mit Frühfranzösisch erreicht heute schon
ein Drittel der Schüler die Grundkompetenz in Französisch nicht.»
Das Drittel
der Schüler, die bisher Ende der ersten Sekundarschulklasse Französisch
abwählten, würde laut Schrepfer «massiv leiden». Sie würden gezwungen,
Französisch ein Jahr länger zu besuchen. Dabei müssten nur 400 von 1900
Thurgauer Berufsschülern das Fach Französisch zwingend belegen.
Was in der
Diskussion bisher auch kaum beachtet worden sei: Der Englischunterricht an der
Sekundarschule wird so oder so um eine Lektion abgebaut. «Das ist ein anderer
Ärger.»
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