22. März 2017

Was macht eine gute Schule aus?

Diese grundlegende pädagogische Frage stellen sich Wissenschaftler aus verschiedenen Bereichen und finden gut begründete Antworten. Letzten Herbst hörte ich innerhalb einer Woche von drei Referenten aus ihrem je unterschiedlichen Blickwinkel überzeugende Antworten. Theoretisch wäre die Frage also geklärt. Doch fragt man sich einigermassen irritiert, warum sich die Schulentwicklung im 21. Jahrhundert nicht nach diesen klaren pädagogischen und erziehungswissenschaftlichen Erkenntnissen richtet, sondern Kinder als Humankapital betrachtet, das in der globalisierten Welt funktionieren soll.
Was macht eine gute Schule aus? 22.3. von Elisabeth Calcagnini


Doch der Reihe nach. An einer vom Netzwerk heterogen Lernen (einem Projekt der PH Chur) organisierten Serenata referierte der Neurologe Prof. Dr. med. Joachim Bauer zum Thema «Was wir von der Hirnforschung für die Schule lernen können». Er legte einleuchtend dar, dass Spiegelung und Resonanz Voraussetzung und Kern einer gelingenden pädagogischen Beziehung sind. Das heisst, die Lehrperson wirkt durch ihre Persönlichkeit, durch ihre Begeisterung, durch die wertschätzende Kritik. Ihre Körpersprache und ihre Worte wirken auf die Kinder, die angewiesen sind auf wohlwollendes, ermutigendes und forderndes Echo. Auf sich selbst gestellte Kinder verlieren bald die Lust am Lernen. Für Bauer ist klar, dass die Beziehung zwischen der Lehrperson und dem Kind der Dreh- und Angelpunkt jeder pädagogischen Bemühung sein muss.

An einem Podiumsgespräch in Zürich zum Thema: Was bedeutet der LP 21 für das Gymnasium? beklagte der Erziehungswissenschaftler Prof. Dr. Beat Kissling den Abschied von der humanistischen Bildung und stellte die Ökonomisierung der Schule an den Pranger. Warum lassen wir zu, dass unsere Schule nach Kriterien der Nützlichkeit umgebaut wird und alle heute bekannten pädagogischen Erkenntnisse in den Wind geschlagen werden?

An einer weiteren Veranstaltung erläuterte Dr. Arthur Brühlmeier, lange Jahre Lehrer an einer Gesamtschule, Pestalozzikenner und ehemaliger Dozent für Lehrerbildung, dass man auch heute noch die «Schule im Geist von Pestalozzi gestalten» sollte. Er setzte sich für eine naturgemässe Menschenbildung ein und schalt die heutige Schule als viel zu  «kopflastig». So blieben die Entwicklung der Herzenskräfte und das eigene Tun auf der Strecke.

An allen drei Veranstaltungen kam es klar zum Ausdruck, dass Schule nur gelingen kann, wenn sie nach empirisch belegten pädagogischen Vorgaben gestaltet wird. Die Frage ist berechtigt: Wie kommt es, dass trotz der Klarheit dieser Erkenntnisse, die falsche Theorie des selbstorganisierten Lernens Oberhand hat und uns mit dem Lehrplan 21 lawinenartig überrollt. Es bleibt uns nur, weiter den Widerstand aufrecht zu erhalten.


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