Es war im
Jahr 2014, als die Alarmglocken schrillten: Damals gab das Bundesamt für Sport
bekannt, dass die Anzahl von Skilagern zwischen den Jahren 2009 und 2014 von
2700 auf 2000 gesunken war. Verantwortliche aus den Bereichen Sport, Tourismus
und Bildung erkannten, dass nun aktives Engagement gefragt war, um die
Abwärtsspirale zu stoppen. Aus diesem Anlass entstand der Verein
Schneesportinitiative. Als Nonprofit-Organisation legt sie ein Augenmerk auf
die Schulen und bietet Lehrkräften auf einer Homepage Pakete an, die von der
Gruppenunterkunft mit Vollpension über die Sportausrüstung bis zum Abonnement
für die Bergbahnen reichen.
In den 70-er Jahren fuhren noch alle Ski - heute darf in den Lagern auch geschlittelt oder Eishockey gespielt werden, Bild: Keystone
Skilager finden wieder Zulauf, NZZ, 3.2. von Susanna Ellner
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Diese
Saison 1000 Kinder mehr
Tatsächlich
scheint das Go-Snow-Angebot zu überzeugen: Während in der letzten Saison 70
Schneesportlager mit 2000 Schülerinnen und Schülern vermittelt werden konnten,
waren es in der laufenden Saison bereits 3000 Kinder und Jugendliche. «Der
Negativtrend scheint gestoppt», sagt Geschäftsführer Olé Rauch. Vom Ziel,
jährlich 10 000 Minderjährige zu vermitteln, sei man aber noch weit entfernt.
Und dieses wird nicht leicht zu erreichen sein. Denn die Gründe, weshalb in der
Vergangenheit weniger Wintersportlager durchgeführt wurden, haben sich kaum
verändert.
«Lehrer
müssen nebst dem Schulunterricht heutzutage eine Reihe weiterer Aufgaben
übernehmen, so dass ein Skilager nicht mehr oben auf der Prioritätenliste
steht», sagt Beat Friedli, stellvertretender Amtsleiter des Sportamts Kanton
Zug. Ausserdem sei es längst keine Selbstverständlichkeit mehr, dass die Lehrer
eine zusätzliche, freiwillige Ausbildung bei der Organisation Jugend und Sport
(J+S) absolviert hätten und somit professionell ausgebildet wären. Auch die
grosse Verantwortung ist ein Grund für die abnehmende Motivation: «Früher
sagten die Eltern dem Kind bei einem Beinbruch: ‹Dumm gelaufen – du hast zu
wenig aufgepasst.› Heute prangern sie die mangelnde Aufsicht der Leiter an»,
fügt Rauch hinzu.
Dass
sich nicht genug Lehrer zur Verfügung stellten, bedeutete denn auch
beispielsweise im Berner Schulkreis Bethlehem vor rund drei Jahren das Ende der
Schneesportlager. «Aus dem Kollegium konnten wir kein Leiterteam mehr
zusammenstellen», sagt der geschäftsführende Schulleiter Daniel Kohli. Zwar
würden für 2018 Überlegungen gemacht, ein Lager zu lancieren, doch dann müssten
sich auch genug Schüler anmelden – das fehlende Interesse der Jugendlichen trug
damals ebenfalls zur Abschaffung bei. Diese Erfahrung haben auch andere Schulen
gemacht und daraus ihre Lehren gezogen. Die traditionellen Ski- und
Snowboardlager werden mittlerweile durch andere Wintersportarten wie Eishockey,
Langlauf oder Schlitteln erweitert. Eine Entwicklung, die durchaus auch im Sinn
der Schneesportinitiative ist.
«Nicht
jeder ein Didier Cuche»
«Wir
wollen nicht aus jedem Kind einen Didier Cuche machen, aber der Nachwuchs soll
einen Bezug zum Schnee haben», ist Rauch der Ansicht. Klar ist, dass der Winter
für die Tourismusregionen eine wichtige wirtschaftliche Bedeutung hat: 80
Prozent des Umsatzes werden während dieser Jahreszeit erzielt. Zugleich kommt
dem Schneesport aber auch eine kulturelle Bedeutung zu – und die gelte es zu
fördern, besonders bei Kindern von Migranten, findet Rauch. Dass man diesem
Bezug vermehrt Beachtung schenken muss, haben inzwischen auch die Bergkantone
gemerkt. So werden in Chur alle Kindergärtler während der regulären
Unterrichtszeit mehrmals auf die Skis gestellt. «Veränderungen erzielen wir nur
dann, wenn wir bei der Basis ansetzen», ist Thierry Jeanneret von der
kantonalen Stelle Graubünden Sport überzeugt. Diese Sicht teilen auch andere
Kantone: Schneesportlager während der Schulzeit werden zunehmend zur Pflicht –
auch in Städten, wo in einzelnen Klassen mit hohem Ausländeranteil 85 Prozent
der Schüler über keine eigene Ski- oder Snowboardausrüstung verfügen, wie etwa
in Basel-Stadt. Dort können die Kinder und Jugendlichen das fehlende Material
zu günstigen Konditionen bei J+S mieten.
Snowboarden
nicht mehr «in»
«Schulen,
die Mühe haben, genügend Lehrpersonen zu finden, empfehlen wir, das Leiterteam
mit jungen J+S-Leitern zu ergänzen, im besten Fall sogar mit ehemaligen
Schülern», sagt Angela Batschelet, stellvertretende Amtschefin des Sportamts
Kanton Zürich. Das Sportamt beobachtet, dass die Nachfrage nach
Schneesportlagern nach wie vor vorhanden ist, zumal die Zahlen in den vom
Sportamt organisierten Camps von einer gewissen Stabilisierung zeugen (siehe
Grafik). Abwärts gehen werde es aber bestimmt in einem Bereich: «In den
nächsten Jahren werden die Skifahrer die Snowboarder überholen.» Standen bei
den Lagern des Sportamts 1999 noch 581 Snowboarder 97 Skifahrern gegenüber,
folgten 2016 den 227 Snowboardern die 187 Skifahrer schon geradezu dicht auf
den Fersen.
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