7. Februar 2017

EDK ernüchtert über Antwort der OECD

Die heftige Kritik von Schweizer Bildungsvertretern, die neuste internationale Vergleichsstudie sei wertlos, droht zu verpuffen. In ihrem Antwortschreiben jedenfalls zeigt sich die OECD uneinsichtig.
OECD zeigt kein Gehör für Schweizer Kritik am Pisa-Test, Südostschweiz, 7.2. von Dennis Bühler


Kein gutes Haar liess die Schweizerische Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) an der neusten Pisa-Studie, als diese im Dezember von der Organisation für vvmschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) präsentiert wurde. «Es wäre verfehlt, diese unzureichenden Daten aus bildungspolitischer Sicht zu interpretieren oder gar Schlussfolgerungen für unser Schulsystem zu ziehen», sagte der damalige EDK-Präsident Christoph Eymann. Der Grund für die schlechte Laune der Bildungsvertreter: Erstmals hatten die Schüler den Pisa-Test am Computer statt mit Bleistift  und Papier gelöst, zudem hatten die Studienautoren an Stichprobe und Punkteskala geschraubt. Damit, so die Kritik aus Bern, sei weder die Vergleichbarkeit mit früheren Erhebungen noch die Vergleichbarkeit zwischen den 72 teilnehmenden Staaten gegeben. Statt eigener Rückschlüsse prä- sentierte die EDK den Medienvertretern im Dezember daher einen geharnischten Protestbrief zuhanden der in Paris ansässigen OECD. Mit der Pisa-Studie erhebt die OECD alle drei Jahre das Leseverständnis und die mathematischen und naturwissenschaftlichen Fähigkeiten der 15-jährigen Schülerinnen und Schüler.

Inzwischen hat der Generalsekretär der OECD Jose Angel Gurria reagiert. Im dreiseitigen Antwortschreiben, das der «Südostschweiz» vorliegt, zeigt sich der frühere Finanz- und Aussenminister Mexikos uneinsichtig. «Wir können versichern, dass die Schweizer Resultate vollständig vergleichbar sind», schreibt Gurria. Für die Vermutung, die methodischen Änderungen hätten sich hierzulande signifikant ausgewirkt, bestehe keinerlei Anlass.

«Antwort besticht nur durch ihre Länge»
Bei der EDK gibt man sich ernüchtert. «Die OECD-Antwort besticht vor allem durch ihre Länge, die aufgeworfenen Fragen sind damit aber weder geklärt noch beantwortet», sagt Sprecherin Gabriela Fuchs. Die Schweizer Forderungen werde man nun über das zuständige Pisa Governing Board der  OECD einzubringen versuchen. Dies freilich dürfte mühselig werden: Das Gremium, dem 36 Staaten angehören, fällt seine Entscheide einstimmig.

Parallel knüpft die EDK Kontakte zu Wissenschaftern aus dem In- und Ausland, die die Kritik an der Pisa-Studie teilen. «Gemeinsam wollen wir herausfinden, was sich im Hinblick auf die nächste Erhebung im kommenden Jahr tun lässt, damit wir wieder ein aussagekräftiges und belastbares Resultat erhalten», sagt Fuchs. Bis im Sommer sollen erste Erkenntnisse vorliegen. Vor allem in  Deutschland und Österreich dürfte die Offensive der EDK Unterstützung erfahren - auch in Berlin und Wien nämlich wurde die Pisa-Studie skeptisch aufgenommen. So veröffentlichte etwa das Fachmagazin «Diagnostica» kürzlich eine ausführliche Analyse mehrerer namhafter deutscher Forscher, die nahelegte, dass der Wechsel von Papier- und-Bleistift- auf Computer-Tests die Trendschätzung für Deutschland verzerrt haben könnte.

Bei der OECD will man den Methodenwechsel dennoch nicht hinterfragen. Den Umgang mit Computern zu erlernen sei längst integraler Teil der Vorbereitung auf ein Leben im 21.Jahrhundert, heisst es. Im Kern gehe es um die akademische Frage, wie man mit Veränderungen umgehen wolle, sagt Sprecher Matthias Rumpf. «Die Fragestellung ist dieselbe wie beim Warenkorb, mit dem man die Inflation misst: Soll er stets unverändert bleiben oder neuen Konsumgewohnheiten angepasst werden?» Über die Absender der Kritik wundert sich Rumpf: «Weder die Schweiz noch Deutschland gelten als hinterwäldlerisch, was die Nutzung digitaler Geräte im Alltag angeht. Es wäre deshalb sehr erstaunlich, wenn ausgerechnet hier Schülerinnen und Schüler beim Pisa-Test besondere Schwierigkeiten mit der Bedienung von Tablets gehabt hätten.»

Steigt die Schweiz aus Pisa aus?
In der EDK erwägt man derweil bereits den Ausstieg aus Pisa für den Fall, dass man in Paris weiterhin auf taube Ohren stösst. Verweigere die OECD eine ernsthafte Diskussion, werde er den Antrag stellen, schon 2018 nicht mehr teilzunehmen, sagte der St. Galler Bildungsdirektor Stefan Kölliker, Mitglied im EDK-Vorstand, im Dezember zur «Ostschweiz am Sonntag». Denn obwohl die Pisa-Studien immer teurer und teurer würden, könne die Schweiz kaum mitreden, so der SVP-Politiker.


EDK-Präsidentin Silvia Steiner sagt auf Anfrage, über die Zukunft der Pisa-Studie könne erst entschieden werden, wenn alle Grundlagen vorlägen. Im Unterschied zu Kölliker ist für die Zürcher CVP-Bildungsdirektorin klar: «Die Schweiz braucht auf jeden Fall einen internationalen Referenzwert.» 

2 Kommentare:

  1. "...die aufgeworfenen Fragen sind damit aber weder geklärt noch beantwortet." Das kennen wir von der EDK selbst: Das Gremium, das nach dem Absacken in der jüngsten PISA-Studie verzweifelt ein Haar in der Suppe sucht, ist selbst sehr selektiv, wenn es um die Beantwortung von Fragen (z.B. zum Sprachenkonzept) geht.
    Gespannt bin ich, ob die Suche nach kritischen Wissenschaftern erfolgreich sein wird. Erstes Gütekriterium für die EDK muss doch die Beweihräucherung und das Niederknien vor dem Lehrplan 21 sein. Doch PISA-Kritik und Kritik am LP21 sind eng verknüpft. Hier hat sich die EDK mit ihrer Positionierung längst von der aktuellen Forschung verabschiedet.

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  2. Die Länder, die auf die OECD-Kompetenzorientierung nach Weinert umgestiegen sind, wie Finnland, Schweden, Neuseeland usw., stürzen seit Jahren im PISA-Ranking immer weiter ab. Laut den "Grundlagen für den Lehrplan 21" will die D-EDK ebenfalls die Kompetenzorientierung nach Weinert einführen, ein weiterer noch massiverer Absturz beim PISA-Ranking ist zu erwarten. Sucht die D-EDK nun verzweifelt nach einem Grund um nicht mehr bei PISA mitmachen zu müssen, damit nicht alle Welt sieht, wie der Lehrplan 21 bei PISA grandios abstürzt?

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