30. Januar 2017

Luzerner Kantonsrat für zwei Primarfremdsprachen

Der Luzerner Kantonsrat lehnt eine Volksinitiative ab, die nur noch eine Fremdsprache in der Primarschule fordert. Auch in anderen Kantonen fallen demnächst wichtige Entscheide zu diesem kontroversen Thema.
Neue Fronten im Sprachenstreit, NZZ, 30.1. von Erich Aschwanden

Bundesrat Alain Berset hat kurz vor Weihnachten etwas Dampf aus der seit Jahren tobenden Auseinandersetzung um die Fremdsprachen in der Primarschule genommen. Doch der vorläufige Verzicht auf eine Intervention bei den Kantonen sorgt nur kurze Zeit für etwas Ruhe. Höchst umstritten ist die Frage, ob auf der Grundstufe nur noch eine Fremdsprache gelehrt werden soll und damit wohl das Frühfranzösisch abgeschafft würde, etwa im Kanton Luzern.

Regierung wurde zurückgepfiffen
Die Politik tut sich schwer mit der bereits vor drei Jahren eingereichten Initiative «Eine Fremdsprache auf der Primarstufe». Der Regierungsrat wollte das Volksbegehren für ungültig erklären lassen, wurde 2015 aber vom geschlossenen Kantonsrat von diesem Vorhaben abgebracht. Am Montag hat das Parlament sich nun materiell mit der Vorlage befasst, die nicht festlegt, ob Französisch oder Englisch auf die Sekundarstufe verschoben werden soll.

Mit 72 gegen 42 Stimmen fiel der Entscheid, die Initiative den Stimmbürgern zur Ablehnung zu empfehlen, deutlicher aus als erwartet. In der vorberatenden Kommission hatte nur gerade eine Stimme den Ausschlag gegeben. Die Mehrheit des Kantonsrates folgte der Empfehlung von Regierungsrat Reto Wyss (cvp.), der davor warnte, den 2004 von der Erziehungsdirektorenkonferenz beschlossenen Sprachenkompromiss zu torpedieren. Dieser sieht eine erste Fremdsprache ab der 3. Primarklasse und eine zweite ab der 5. Klasse vor.

Harter Kampf im Aargau
Doch zu einem Spaziergang wird der bevorstehende Urnengang keineswegs. So stellte sich die SVP geschlossen hinter das Volksbegehren. Auch Mitglieder von CVP, FDP und SP warnten vor einer Überforderung der Schüler, die sich in Form von schlechten Lernerfolgen manifestiere. Mehrere Redner verwiesen auf eine Studie, die zeigte, dass viele Schüler in der Zentralschweiz die im Lehrplan festgesetzten Ziele in Französisch bei weitem nicht erreichen. Eine Auseinandersetzung über die Parteigrenzen ist also absehbar.

Bevor das Volk in Luzern das letzte Wort hat, sorgt die Sprachenfrage bereits in anderen Kantonen für heisse Köpfe. Bereits am 12. Februar stimmen die Aargauer über das Volksbegehren «Ja zu einer guten Bildung – Nein zum Lehrplan 21» ab. Die Initiative will unter anderem festlegen, dass in der Primarstufe nur noch eine Fremdsprache unterrichtet wird. Welche Sprache das ist, lässt das breit abgestützte Initiativkomitee offen. Die Diskussion im Aargau verläuft sehr emotional. Eine Prognose über den Abstimmungsausgang wagt derzeit niemand.

Voraussichtlich im Mai entscheiden die Stimmberechtigten des Kantons Zürich über die Initiative «Mehr Qualität – eine Fremdsprache an der Primarschule». Sie wurde im November vom Kantonsrat mit 96 zu 68 Stimmen zur Ablehnung empfohlen. Auch in Zürich verfolgt man daher den Urnengang im Aargau mit grossem Interesse. Bisher hat der Kompromiss an der Urne allerdings gehalten. So lehnten die Nidwaldner vor zwei Jahren gegen den Willen der Regierung eine Fremdsprachen-Initiative ab. Im Thurgau und in Schaffhausen scheiterten Initiativen gegen den Lehrplan 21, die ebenfalls am Kompromiss zu rütteln versuchten.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen