3. November 2016

Lehrplan 21 im Kreuzverhör

Das Komitee für eine gute Thurgauer Volksschule lud am 1. November zu einer kontroversen Diskussion rund um die Folgen des Lehrplans 21 im Thurgauerhof, Weinfelden ein. Nach dem Anlass ist noch klarer, dass es bei der Abstimmung vom 27. November Ja heissen muss.
Lehrplan 21 im Kreuzverhör  – Podiumsdiskussion in Weinfelden, Medienmitteilung IG für eine gute Schule Thurgau, 2.11.

„Bildung ist unser Rohstoff, der in der Schweiz seit Jahrzehnten beste Qualität liefert und nicht durch Reformwahn gefährdet werden darf“, betonte Nationalrätin Verena Herzog in ihrem einleitenden Referat. Festgestellt wurde weiter, dass die ideologischen Grundlagen des Lehrplans 21 nicht auf unser Schulsystem verweisen und einen Schritt zum Systemwechsel bedeuten. Die problematischen Aspekte des Lehrplans 21 basieren auf internationalen Schemen der OECD, bei der das kompetenzorientierte Lernen mit langjährigen Stufenzielen Standard ist. Schon heute sind negative Folgen dieses ökonomisierten Konzepts bekannt, wie es in Deutschland und den USA sichtbar ist. „Anstelle der Schulbildung für das Leben, stehen da permanente Leistungsvergleiche in der Betriebseinheit Schule (PISA, TIMSS u.a.), die dem verfassungsmässigem Grundsatz der Chancengerechtigkeit im Schulzimmer eine schallende Ohrfeige verpassen.“ Dies betonte Dr. Beat Kissling mit Blick auf die Entwicklungen seit den Reformen von Ernst Buschor, Ökonom, in Zürich. Viele namhafte Pädagogen, darunter auch Prof. Rolf Dubs von der HSG St. Gallen und Dr. med. Remo Largo, lehnen diesen Holzweg entschieden ab, der nicht mehr die schulische Begleitung aller Kinder zum Ziel hat. Stress, Ohnmacht und Selbstisolierung sind bereits heute in vielen Fällen die Folge des selbstorientierten Lernens, das hohe Selbstkompetenzen bereits im Kindergarten fordert. Permanenter Stress führt zu psychosomatischen Störungen, die den Lernerfolg in der Schule massiv stören.

Lehrplan 21 wird relativiert
Anne Varenne und Thomas Minder, die den Lehrplan 21 an der Veranstaltung zu verteidigen suchten, konnten die positiven Aspekte des Lehrplans 21 selber nicht benennen. Vielmehr wurde alles relativiert, was den Lehrplan 21 in seiner Konsequenz ausmacht. Anne Varenne meinte in diesem Zusammenhang: „Ob der Lehrplan 21 auf Vorgaben der OECD basiert, ist mir völlig gleich“ und „selbstorganisiertes Lernen ist kein Muss im Klassenzimmer“. Der Lehrplan 21 wurde als Kompass formuliert, der nur eine unverbindliche Richtungsangabe im Schulhaus ist. Ob das die Schulbehörden

auch so sehen, die den Lehrplan 21 mit allen Mitteln an der Bevölkerung vorbei durchboxen wollen, ist fragwürdig.
  
Einstimmig wurde von der ganzen Runde festgestellt, dass der Lehr- und Lernbeziehung zwischen Schüler und Lehrperson heute und morgen die wichtigste Aufgabe in der Schule zukommt, wenn Lernfortschritte gemacht werden wollen. Erfahrene Lehrpersonen, die auf die Lernbedürfnisse der Kinder individuell eingehen können, machen in der Tat eine gute Schule aus. Dafür braucht es aber keinen neuen und teuren Lehrplan 21, der auf Bildungsexperimente setzt, die an anderen Orten längst gescheitert sind und heute nicht einmal die eigenen Vertreter überzeugen.  

Angeregte Podiumsdiskussion
Mehr als 300 interessierte und besorgte Bürgerinnen und Bürger haben aktiv an der öffentlichen Podiumsdiskussion zum Lehrplan 21 teilgenommen, an der kompetente und prominente Referenten Akzente setzten. Organisiert wurde der Anlass im grossen Saal des Thurgauerhof Weinfelden durch die IG für eine gute Thurgauer Volksschule, der es um eine demokratische Diskussion im Bildungsbereich geht, die uns alle etwas angeht.
Die Erwartungen des zahlreichen Publikums an klare Aussagen waren hoch und konnten eingelöst werden. Bestritten wurde die öffentliche Podiumsdiskussion von Verena Herzog, Nationalrätin, Dr. Beat Kissling, Pädagoge, Klemenz Somm, Kantonsrat, und Anne Varenne, Präsidentin Bildung TG, sowie Thomas Minder, Präsident Schulleiterverband TG, von der Gegenseite.

IG für eine gute Thurgauer Schule
Unsere Initiative will dem ausufernden Reformwahn, der unsere Schule im Endeffekt nicht verbessert, klare Grenzen setzen. Sie verlangt, dass an konkreten und verbindlichen Jahrgangs-Lernzielen festgehalten wird. Eltern, Lehrpersonen und Lehrmeister können sich daran orientieren. Für Lehrpersonen muss es weiter Ziel bleiben, die Kinder in allen Fächern auf ein gutes Niveau zu bringen. Für ein erfolgreiches Berufs- und Privatleben braucht es gesicherte Grundkenntnisse im Rechnen, Lesen und Schreiben sowie eine solide Arbeitshaltung. Jahrgangsziele erleichtern eine sinnvolle Harmonisierung der Schule. Die Mehrjahreszyklen des Lehrplan 21 erschweren dies. Unsere Initiative fordert, dass Lehrpläne vom Grossen Rat genehmigt werden und dadurch dem fakultativen Referendum unterstehen.


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